Mehrheit der Unabhängigkeitsbewegung im Parlament bestätigt

Weiter so in Katalonien

Von Katja Schnitter

Nach den Wahlen vom 21. Dezember stehen Spanien und Katalonien praktisch genauso da wie zuvor. Zwar wurden die rechtsliberalen und spanisch-nationalistischen „Ciudadanos“ (Bürger) mit 25,37 Prozent der Stimmen und 36 Mandaten die stärkste Kraft im künftigen Regionalparlament, doch das wird deren Chefin Inés Arrimadas wenig nutzen. Ihren „Wahlsieg“ verdankt sie allein der Tatsache, dass die zwei großen Parteien der Unabhängigkeitsbewegung – die Demokratische Partei (PDECat) des von Madrid abgesetzten Ministerpräsidenten Carles Puigdemont und die Republikanische Linke (ERC) um dessen bisherigen Stellvertreter Oriol Junqueras – diesmal keine gemeinsame Liste aufgestellt hatten, sondern separat angetreten waren. Mit 21,65 Prozent und 34 Sitzen für die PDECat – die unter dem Namen „Junts per Catalunya“ (Gemeinsam für Katalonien) angetreten war – und 21,39 Prozent bzw. 32 Mandaten für die ERC lassen beide Parteien zusammen das pro-spanische Lager weit hinter sich. Rechnet man dann noch die 4,45 Prozent und vier Mandate für die linksradikale CUP (Kandidatur der Volkseinheit) hinzu, hat die Unabhängigkeitsbewegung erneut eine absolute Mehrheit der Sitze im Regionalparlament gewonnen. Damit ist der beispiellose Schlag verpufft, den die spanische Zentralmacht mit der Aufhebung der Autonomie Kataloniens, der Auflösung des Parlaments und der Absetzung der Regierung nach Artikel 155 der spanischen Verfassung gegen die Region gerichtet hatte. Obwohl Kataloniens abgesetzter Ministerpräsident Puigdemont im Exil in Belgien und sein bisheriger Stellvertreter Oriol Junqueras im Gefängnis sitzen, konnten sich die Parteien der Unabhängigkeitsbewegung nicht nur behaupten, sondern legten in absoluten Stimmen noch zu.

Der Verlierer heißt Rajoy. Seine postfranquistische Volkspartei (PP) kam nur noch auf 4,24 Prozent und schmierte von elf auf vier Mandate ab. Damit ist die PP nicht nur die schwächste im Parlament vertretene Partei, sie verlor sogar ihren Fraktionsstatus. Und über Katalonien hinaus muss sie jetzt befürchten, von den „Ciudadanos“ als führende Kraft des rechten Lagers abgelöst zu werden.

Die dritte pro-spanische Kraft, die sozialdemokratische PSC, erreichte 13,88 Prozent und 17 Sitze, einen mehr als bisher. Damit kann auch deren Spitzenkandidat Miquel Iceta die Hoffnung begraben, neuer katalanischer Ministerpräsident zu werden.

Eine Schlappe bedeutete das Wahlergebnis jedoch auch für die Linksallianz Catalunya en Comú – Podem (Katalonien gemeinsam – Wir können). Zu diesem heterogenen Bündnis gehören der katalanische Ableger der spanischen Linkspartei Podemos und die „Comuns“, deren bekannteste Vertreterin Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau ist. In der Allianz ist auch die Vereinte und Alternative Linke (EUiA) vertreten, in der die Kommunisten Kataloniens (Comunistes de Catalunya) wichtigste Kraft sind.

Anfang Oktober hatte das von Xavier Domènech geführte Bündnis an Profil gewonnen, als es gemeinsam mit der Unabhängigkeitsbewegung die Volksabstimmung über die Unabhängigkeit am 1. Oktober gegen die spanische Polizei verteidigte und in den folgenden Tagen zusammen mit den Befürwortern der Eigenständigkeit gegen die Repression auf die Straße ging. Die Linken lehnen zwar mehrheitlich eine Abspaltung Kataloniens ab, treten aber für ein auch von Madrid akzeptiertes Referendum ein.

Im Wahlkampf ging man jedoch wieder auf demonstrative Distanz zum republikanischen Lager. Catalunya en Comú richtete die Kampagne darauf aus, die in den vergangenen Monaten in den Hintergrund gedrängte soziale Frage zu thematisieren, Puigdemont und Arrimadas wurden gleichermaßen attackiert. Spekuliert wurde darauf, gemeinsam mit ERC und PSC – und damit quer zu den Blocken – eine „progressive Koalition“ bilden zu können.

Eine solche „Tripartit“ hatte es in Katalonien bereits zwischen 2003 und 2010 gegeben. Diesmal jedoch war die Ausgangslage anders: Die ERC hat den Aufbau der Katalanischen Republik zu ihrem zentralen Programmpunkt gemacht, ihr Spitzenkandidat Junqueras sitzt im Gefängnis. Dagegen haben die spanischen Sozialdemokraten der PSOE, deren Landesverband die PSC ist, im Oktober gemeinsam mit PP und „Ciudadanos“ der Aufhebung der Autonomie Kataloniens nach Artikel 155 der spanischen Verfassung zugestimmt. Vor diesem Hintergrund war die angestrebte Regierungsbildung so illusorisch, dass sie auch die Wähler nicht begeistern konnte. Die Linken kamen auf acht Mandate, drei weniger als bisher. Mit 7,45 Prozent verloren sie im Vergleich zur Wahl 2015 anderthalb Prozentpunkte.

Die nächste Kraftprobe steht mit der Konstituierung des Parlaments in den nächsten Tagen bevor: Die drei Parteien der Unabhängigkeitsbewegung wollen Carles Puigdemont wieder zum Ministerpräsidenten wählen und Madrid damit das Scheitern der Aggression demonstrieren. Dem Kandidaten droht jedoch die Verhaftung, wenn er aus dem Exil zurückkehrt, um seine Kandidatur zu begründen. Deshalb denken ERC und PDECat darüber nach, ihn dies per Videoschaltung machen zu lassen. Wie die Tageszeitung „Ara“ am 28. Dezember berichtete, steht das spanische Verfassungsgericht jedoch bereits bereit, eine solche Regelung für illegal zu erklären. Die nächste Runde ist eingeläutet.

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"Weiter so in Katalonien", UZ vom 5. Januar 2018



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