Die Amazon-Beschäftigten gehen kampfbereit ins neue Jahr

Weihnachtsstreiks

Erneut haben während des Weihnachtsgeschäfts im Dezember mehrere tausend Beschäftigte von Amazon die Arbeit niedergelegt, um für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Streikende berichteten von einer außerordentlich hohen Beteiligung an den Ausständen, im Internet veröffentlichte Fotos zeigen gut besetzte Streikversammlungen in großen Hallen. „So viele waren wir noch nie“, kommentierten einige. Auch wenn die zurückliegenden Corona-Jahre, in denen keine Großveranstaltungen möglich waren, die Erinnerung getrübt haben könnten – tatsächlich haben die Beschäftigten des Handelskonzerns in den vergangenen Monaten wiederholt eindrucksvoll ihre Kampfkraft unter Beweis gestellt.

So konnte Ende November aus Anlass des „Black Friday“, den die Gewerkschaften zum „Make Amazon Pay Day“ erklärt hatten, erstmals ein internationaler Streiktag organisiert werden. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter von ver.di in Deutschland und der CGT in Frankreich besuchten sich einer Mitteilung zufolge gegenseitig und auch in den USA gab es Streiks. ver.di-Streikleiterin Monika Di Silvestre kritisierte, dass unter anderem in Polen und Großbritannien Arbeitsniederlegungen durch die dort geltenden Gesetze verhindert worden seien. „In vielen Ländern, auch in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, gelten noch immer Gesetze, die Gewerkschaften behindern in den Streik zu treten“, so die Gewerkschafterin. „Ohne ein umfassendes Streikrecht ist das Engagement für existenzsichernde Löhne sowie für Tarifverträge und Arbeitnehmerrechte aber nicht mehr als ein kollektives Betteln. Wir fordern die Europäische Union daher auf, diese Zustände endlich zu beenden und eine Demokratisierung von Mitbestimmungsrechten in den betreffenden Mitgliedsstaaten einzufordern.“

Seit fast zehn Jahren fordert ver.di von Amazon die Anerkennung der Flächentarifverträge des Einzel- und Versandhandels sowie Verhandlungen über einen Tarifvertrag „Gute und gesunde Arbeit“. Der Konzern stellt sich bislang stur und verweist gebetsmühlenartig auf „exzellente Löhne und Arbeitsbedingungen“, die man den Beschäftigten biete. Die Gewerkschaft weist das zurück. Zwar habe Amazon die Stundenlöhne in den vergangenen Jahren wiederholt erhöht, jedoch sorgten längere Arbeitszeiten und niedrige oder fehlende Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld dafür, dass die Einkommen der Beschäftigten von Amazon oft um mehrere hundert Euro unter denen ihrer Kolleginnen und Kollegen in tarifgebundenen Unternehmen lägen.

In den vergangenen Wochen konnte ver.di immerhin zehn Amazon-Versandzentren zu Streiks aufrufen, so viele wie nie zuvor. Allerdings betreibt der Konzern allein in Deutschland inzwischen 20 solche Lager, in den Nachbarländern wie Polen und Tschechien stehen weitere. Auch deshalb erklärt Amazon auf Pressenachfragen immer wieder, dass die Proteste der Beschäftigten keine Auswirkungen auf die Abwicklung der Auslieferungen hätten. ver.di sieht das natürlich anders und verweist auf Verzögerungen, die man durch Testbestellungen habe nachweisen können. Zudem will man es dem Unternehmen erschweren, auf die Streiks zu reagieren. „Die Beschäftigten der verschiedenen Verteilzentren werden in den kommenden Tagen teilweise abwechselnd und ohne öffentliche Vorankündigung in Aktion treten“, hatte Di Silvestre im Vorfeld der Weihnachtsstreiks angekündigt.

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"Weihnachtsstreiks", UZ vom 6. Januar 2023



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