Der eine oder andere hatte sich Hoffnung gemacht, dass sich die AfD vom Südwesten beginnend in ihre einzelnen Bestandteile zerlegen würde. Der Fraktionsvorsitzende im Landtag, Jörg Meuthen, wollte den Abgeordneten Wolfgang Gedeon wegen dessen antisemitischen Äußerungen ausgeschlossen sehen, die Fraktion stimmte nicht mit der nötigen Zweidrittelmehrheit zu, Meuthen bildete mit der Mehrheit der alten Fraktion eine neue mit dem Namen „Alternative für Baden-Württemberg“. Vorläufig ist der Streit heruntergefahren: Die Landtagsverwaltung hat die neue Fraktion von Meuthen am 25. Juli für rechtens erklärt und der Vorsitzende ließ verlauten, er strebe „eine Zusammenführung der beiden AfD-Fraktionen innerhalb der nächsten drei Wochen“ an.
Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Zuviel Hoffnungen auf die Selbstzerlegungsprozesse der AfD sollte sich auf der Linken niemand machen. Natürlich unterliegt diese neue Partei wie alle, die sich den Gesetzen des Parlamentarismus unterwerfen, den üblichen Profilierungsprozessen ihrer Repräsentanten, die auch mal bis zur Spaltung von solchen Parteien führen können. Aber vieles von dem, was sich dort abspielt, ist genauso Kalkül wie Beschimpfungen von Parteifreunden als Affenarsch oder andere Liebkosungen in der Öffentlichkeit. Sie dienen dem Ziel, den Bekanntheitsgrad der Formation als einem entscheidenden Zugang im Wettkampf um Medienplätze zu erhöhen. Mehr noch als für persönliche Angriffe gilt das für inhaltliche Differenzen. Darauf hat am 15. Juni 2016 Naika Foroutan, Professorin für Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik aus Berlin im „Kölner Stadtanzeiger“ hingewiesen und erläuternd hinzugefügt: „Dazu gehören inszenierte ‚Flügelkämpfe‘ zwischen dem Führungspersonal der AfD. Sie dienen dazu, rassistische Positionen vorzutragen, die im ersten Schritt für Empörung und Aufmerksamkeit sorgen. Im zweiten Schritt kommen die Schein-Beschwichtiger der AfD und platzieren das Gedankengut ihrer Partei mit einer vermeintlich erklärenden Position breitflächig im Diskurs. Damit verschieben sich nach jeder Provokation die Sagbarkeitsgrenzen mit den Koordinaten. ‚Das wird man doch wohl noch sagen dürfen‘ und
‚Den oder das kann man doch nicht ernst nehmen‘.“
Mit diesem Pingpong-Spiel und der Inszenierung als einzige Protestpartei jedenfalls scheinen sich den jüngsten Umfragen zufolge die nächsten Erfolge dieser Gruppierung bei den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin abzuzeichnen, bei denen die Wahlforscher jeweils Stimmanteile zwischen 10 und 20 Prozent prognostizieren. Wer sich dann auch noch – wie die Partei „Die Linke“ – mit anderen etablierten Parteien, die Agenda 2010 und Kriege weltweit verantworten, gegen die AfD öffentlich im Schulterschluss darstellt, fördert diese Inszenierung als Protestpartei mehr als das eine solche Wahltaktik sie schwächt.
Der AfD wirksam entgegenzutreten, wird weder durch Hoffnung auf ihre Spaltung noch durch wahltaktische Manöver gelingen.
„Ein aufhaltsamer Aufstieg. Die AfD und andere – das Übel an der Wurzel packen“
im PapyRossa-Verlag.