Frauenrechte und Frieden: Mit der EU nicht zu machen

Was zusammengehört

Von Silvia Rölle

Silvia Rölle ist Landessprecherin der VVN-BdA in NRW und kandidiert für die DKP auf Platz 4 bei der Wahl zum EU-Parlament am 26. Mai.

Einmal im Leben hatte ich den Jackpot im Lotto gewonnen. Das Gefühl hatte ich jedenfalls, als ich einen der seltenen Krippenplätze für meinen Sohn bekam. In den 80er Jahren gab es gerade mal eine Handvoll in meiner Stadt, einer Großstadt im Ruhrgebiet. In meiner Elterninitiative habe ich mich dafür eingesetzt, dass es mehr werden. Wenn es heute eine verbesserte Versorgung mit Kitas gibt, ist dies ein Erfolg vieler engagierter Eltern. Spätestens ab der Grundschule ist die Nachmittagsbetreuung nicht mehr gesichert. Viele müssen sich individuell helfen. Da mein Mann im Schichtdienst arbeitete, konnten wir seinerzeit einiges hinbiegen. Ich kenne Frauen, die sind echte Organisationsgenies, um individuelle Lösungen zu schaffen. Das kostet unendlich Kraft. Viele Frauen sehen sich gezwungen, Teilzeit zu arbeiten. Sie nehmen geringere Rentenansprüche in Kauf und laufen Gefahr, beruflich abgehängt zu werden. Spätestens nach einer Trennung sind daher viele Frauen in schlechter bezahlten Jobs gezwungen, ergänzend Hartz-IV zu beantragen.

Gendersprache, Kampagnen gegen Sexismus wie „Me-Too“ sind wichtig. Sie machen sensibel und schaffen Selbstbewusstsein. Ohne sozialpolitische Unterfütterung laufen sie jedoch Gefahr zu verpuffen. Familie und Beruf unter einen Hut bringen zu können ist für mich eine Schlüsselfrage der Frauenemanzipation. Nötig sind Betreuungszeiten in Kitas und Schulen, die sich an den Arbeitszeiten von Krankenpflegerinnen, Busfahrerinnen, Reinigungskräften und Verkäuferinnen orientieren. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Aufstiegschancen für Frauen und Männer ebenfalls. Diese und andere Forderungen, die ich sehr unterstütze, stehen im Aufruf der DGB-Gewerkschaften zum Internationalen Frauentag 2019.

Leider steht dort nichts zu einem wichtigen Thema im Aufruf, für das besonders Frauen und Mütter sensibel sein sollten: Die zunehmende Militarisierung und Aufrüstung. Kriegsministerin Ursula von der Leyen will in den kommenden 13 Jahren zusätzlich 130 Milliarden Euro für die Modernisierung der Bundeswehr ausgeben. Geld, das dann nicht nur beim Kita-Ausbau, bei den Schulen und in der Pflege fehlen wird.

Stattdessen wird im DGB-Aufruf fabuliert, die Europäische Union sei „eine Gemeinschaft für Frieden und Wohlstand“. Was ist das für eine „Gemeinschaft für Frieden“, die mit ungerechter Wirtschaftspolitik und Militäreinsätzen in Mali und anderswo auf der Welt Krisenherde und damit Fluchtbewegungen befeuert? Die mit Frontex das Sterben im Mittelmeer verantwortet, von dem die Kapitänin der Rettungsschiffe „Juventa“ und „Sea Watch III“, Pia Klemp, beim Parteitag der Partei „Die Linke“ berichtete: „Tagelang fuhr ich mit einem zweijährigen toten Kind in der Tiefkühltruhe in internationalen Gewässern auf und ab, weil kein europäisches Land es retten wollte, als es noch möglich war, und sie uns dazu einen Hafen verwehrten. Seine Mutter war auch bei uns an Bord – lebendig. Was sag ich einer traumatisierten Frau, deren Kind in meinem Gefrierschrank liegt, über den Friedensnobelpreisträger EU?“

Kein Wort im DGB-Aufruf zu den Initiativen Deutschlands und Frankreichs zur Bildung einer EU-Armee. Damit verbunden wäre nicht zuletzt die Aushebelung der nationalen Parlamente bei der Zustimmung zu Auslandseinsätzen. Mit dem Militärbündnis PESCO wird innerhalb der EU die Aufrüstung vorangetrieben.

Im letzten Jahr war die Bundeswehr im Rahmen der NATO an Manövern entlang der russischen Grenze beteiligt. In Büchel in der Eifel modernisieren die USA, von der Bundesregierung geduldet, die dort gelagerten Atomwaffen. Mit „Mini-Nukes“ soll ein Atomkrieg eingrenzbar und führbar gemacht werden. Ich weiß es noch wie heute, welche Ängste ich hatte, als seinerzeit zur Sprache stand, dass mein ältester Sohn als Bundeswehrsoldat in einen Auslandseinsatz in den Kosovo sollte.

Frauenrechte und Frieden, das gehört untrennbar zusammen. Nicht nur am 8. März. Und hoffentlich in vielen zukünftigen Aufrufen meiner Gewerkschaft.

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"Was zusammengehört", UZ vom 8. März 2019



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