Walter Bauer ist Mitglied der Geschichtskommission der DKP
Nicht nur eine zentrale DKP-Veranstaltung, sondern auch Gruppen und Kreise beschäftigten sich mit diesem historischen und dennoch aktuellen Jahrestag. Interessante Zeitzeugengespräche, die historische Einordnung des KPD-Verbots, aber auch die Weiterwirkung auf Repression, Justiz, Politik bis heute sind aktuelle Themen. Auch die kleine, aber notwendige öffentliche Demonstration in Karlsruhe zu diesem „DKP-eigenen“-Thema hatte nicht nur einen symbolischen Wert. Die Diskussionen auf den Veranstaltungen unterstreichen: Die zentrale Losung der DKP „Die Kriminalisierung von Antifaschisten und Kommunisten endlich beenden – weg mit dem KPD-Verbot“ ist noch aktuell. Sie ist als Anspruch an die heutige Demokratie, nicht nur zu den Jahrestagen, auch lautstark einzufordern.
Noch können Zeitzeugen über ihre persönlichen Erfahrungen aus dieser Zeit berichten. Es ist bezeichnend, dass sie offen und auch optimistisch, mit oft erheiternden persönlichen Episoden ihres Widerstandes, von einer wirklich „düsteren Zeit“ berichten. Es war auch ihr Jahrestag.
Nach dem 60. Jahrestag steht die Frage vor uns: „Was nun?“. Also „Tschüss bis zum 70. Jahrestag“ oder „Durchhalten bis zu besseren Zeiten“?
Wohl nicht. Wir müssen deutlich formulieren: Trotz der aktuell nicht realistischen Durchsetzbarkeit ist die Forderung nach Aufhebung des KPD-Verbots immer noch öffentlich zu vertreten. Denn die juristische und politische Rehabilitierung (auch eine nachträgliche) der von der bundesdeutschen politischen Justiz betroffenen Menschen ist nicht nur für sie selbst wichtig, ihre Verwirklichung widerspiegelt auch den Stand der realen Demokratie des heutigen Deutschland.
Die vielen Initiativen der illegalen KPD, der DKP nach 1968, aber besonders die mühevolle Arbeit der Initiative zur Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges (IROKK), vor allem das Engagement des Genossen Karl Stiffel, trugen dazu bei, dass das Thema „KPD-Verbot“ in dieser Gesellschaft nicht abgehakt werden konnte. Dass auch bürgerliche Kreise sich kritischer diesem Thema annehmen, hat einerseits damit zu tun, dass die politische Motivation und die irrationale und teilweise schon lächerliche Prozessbegründung und Prozessführung, selbst von bürgerlich-konservativen Juristen (nach 60 Jahren) zugegeben wird. Andererseits ist dieses Thema für sie, aber auch für Historiker und Journalisten, eine „politische und juristische Episode des Kalten Krieges zwischen Ost und West“. In solche Diskussionen sollten wir uns (nicht nur der immer kleiner werdende Kreis von „Zeitzeugen“) mit unseren Positionen einklinken.
In den Veranstaltungen wurde deutlich, die tatsächliche Ursache des KPD-Verbotes war der Widerstand der Bevölkerung und der KPD gegen Kriegsvorbereitung und Wiederaufrüstung, gegen alte Nazis in den Amtsstuben und Regierung, für ein demokratisches, antifaschistisches und soziales Deutschland. Es sind die Probleme, an denen auch heute sich Widerstand entwickelt. Die Erkenntnis, dass gerade diese Massenbewegungen verboten wurden, zeigt, Kampf um Frieden und Kampf um Demokratie gehören zusammen. Das ändert sich im Grundsatz auch nicht bei einer vorgeschobenen Begründung durch „Terrorismus“ und „Sicherheitsbedürfnis“ der Bevölkerung.
Eine offensive Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis des KPD-Verbots könnte auch in Zukunft eine gute Basis für die Auseinandersetzung mit den antikommunistischen Geschichtsfälschungen heute sein. Die damaligen Fälschungen der Geschichte, der Politik und Theorie der KPD sind ja in Inhalt und Methode von den Verfälschungen der „Sieger“ über den „realen“ Sozialismus nicht weit entfernt. All dies, nach vorne gedacht bedeutet, dass die weiteren Kriegseinsätze begleitet werden durch innere Militarisierung, verschärfte „Sicherheitsgesetze“ und durch weiteres Anheizen des Antikommunismus. Deshalb ist Repression gegen soziale Bewegungen, gegen fortschrittliche, linke und kommunistische Personen und Organisationen noch nicht ein Thema nur der Geschichtskommission.