Antifaschist in Wetzlar geehrt

Was lange währt …

Klaus Petri

Fast 86 Jahre nach dem Tod des Malermeisters Heinrich Mootz gab es jetzt an dessen damaligem Wohnhaus eine offizielle Ehrung des kommunistischen Widerstands in Wetzlar. Die im Beisein von OB Manfred Wagner (SPD) enthüllte Tafel ist die fünfzehnte von insgesamt 21 vom Verein „Wetzlar erinnert“ aufgestellten Gedenktafeln über Täter, Opfer und Widerstand in der Nazi-Zeit.

Während der „Rettungswiderstand“ des Fabrikanten Ernst Leitz (er war selbst NSdAP-Mitglied) und der SPD-Widerstand vor Ort breit dokumentiert wurde, blieben mutige Aktionen und Biografien von KPD-Angehörigen aus Wetzlar über Jahrzehnte mit einem Tabu belegt. „Standortältester“ in der Bundeswehr-Garnisonsstadt Wetzlar war lange Jahre der ehemalige SS-Offizier Carl Heinz Behnke.

Der achtfache Vater Heinrich Mootz starb am 5. Februar 1937 68-jährig im Zuchthaus Kassel-Wehlheiden an einer Lungenentzündung. Das Wachpersonal habe „nachgeholfen“, wurde von Mitgefangenen berichtet. Mootz wurde als erster Wetzlarer Bürger am 1. März 1933 per Notverordnung in einem Schnellgerichtsverfahren zu einer Woche Gefängnis verurteilt. Er hatte den Aufruf der Reichsregierung „14 Jahre Marxismus haben Deutschland ruiniert“ mit Farbe überpinselt und damit unkenntlich gemacht. Er war für die „Rote Hilfe“ tätig und wurde im Mai 1935 wieder verhaftet und wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Ein halbes Jahr nach der Haftentlassung wurde er erneut festgenommen. Die Haftbedingungen im Zuchthaus Wehlheiden überlebte er nicht.

Zur Tafelenthüllung am 17. Dezember waren rund 50 Nazi-Gegner anwesend. Von Angehörigen der Familien Mootz/Roscher wurden sie mit heißen Getränken versorgt. Erich Schaffner sang, am Klavier begleitet von Georg Klemp, Lieder der Freiheits- und Arbeiterbewegung. Im Anschluss an die Kundgebung in der Rosengasse legten DKP- und Linkspartei-Mitglieder zusammen mit Nachfahren von Heinrich und Margaretha Mootz am Grab auf dem Alten Wetzlarer Friedhof einen Kranz nieder.

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"Was lange währt …", UZ vom 6. Januar 2023



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