Frank Werneke ist zufrieden. Vielleicht hatte der ver.di-Vorsitzende die ehrliche Befürchtung, dass es bei den Tarifverhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder nicht gelingt, einen ähnlichen Abschluss wie im April zu erzielen. Doch mit dem Ergebnis knüpfe man an die Tarifentwicklung bei Bund und Kommunen an, stellte Werneke erleichtert fest. Schon im Vorfeld schien allen Beteiligten klar zu sein, dass die dritte Verhandlungsrunde, die in der vergangenen Woche in Potsdam stattfand, die letzte sein wird. Die Gewerkschaften hatten in den Tagen zuvor noch einmal Zehntausende zum Warnstreik und auf die Straße mobilisiert.
TdL-Verhandlungsführer Andreas Dressel sprach von einem „fairen Kompromiss“ in einer Zeit, in der sich die öffentlichen Haushalte im Krisenmodus befänden. „Fair“ bedeutet für die Landesbeschäftigten vor allem eins: Reallohnverlust. Wie schon beim Abschluss im öffentlichen Dienst Bund und Kommunen wird die sogenannte Inflationsausgleichsprämie als Sonderzahlung genutzt, um eine tabellenwirksame Lohnerhöhung möglichst lange hinauszuzögern. Bis zum 1. November 2024 gibt es diese Sonderzahlung von insgesamt 3.000 Euro in Teilbeträgen. Erst dann folgt die Erhöhung der Tabellenentgelte um einen Sockelbetrag von 200 Euro. Am 1. Februar 2025 steigen die Löhne dann um 5,5 Prozent. Die Preissteigerungen der vergangenen Jahre gleicht das nicht aus, die zukünftigen Preissteigerungen sind bei einer Laufzeit von 25 Monaten nicht abzusehen.
Auch einen Tarifvertrag für die über 300.000 studentischen Beschäftigen wird es nicht geben. Für studentische Beschäftigte ohne Abschluss gibt es zum Sommersemester 2024 lediglich einen Mindest-Stundenlohn von 13,25 Euro, der ein Jahr später auf 13,98 Euro steigen soll.
ver.di verweist in einer Pressemitteilung zum Tarifergebnis zu Recht auf widrige Umstände: Die öffentlichen Kassen seien leer, habe es von der TdL geheißen. In Berlin herrsche „Haushaltschaos“, die Haltung der Landesregierungen sei konfrontativ gewesen. Ihrerseits verzichtete die ver.di-Spitze auf eine solch konfrontative Haltung. Den Hinweis darauf, dass die leeren öffentlichen Kassen immer genug Geld haben, wenn es darum geht, Militär und Rüstung zu finanzieren, gab es durchaus. Wenn, dann kam das Argument jedoch aus den Betrieben.
Der gewerkschaftliche Organisationsgrad bei den Landesbeschäftigten ist in der Regel niedrig. Die Beteiligung an Warnstreiks war in einigen Bereichen jedoch sichtbar höher als in vergangenen Tarifkämpfen. Zur Mobilisierung haben Sonderforderungen wie die nach einem TV Stud oder einer Stadtstaatenzulage beigetragen. Aber vor allem waren es engagierte Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die sich gegen die Logik von leeren Kassen, Aufrüstung und Sozialabbau gestemmt haben.
Jetzt müssen sie sich gegen den Frust stemmen. Der sitzt nicht nur bei denen tief, die sich für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte eingesetzt haben. Es braucht eine nüchterne Auswertung des Tarifergebnisses. Und die Erkenntnis, dass die Gewerkschaft sowohl inhaltlich als auch zahlenmäßig gestärkt werden muss, um in künftigen Tarifkämpfen zu bestehen. Denn selbst eine starke Mobilisierung für Warnstreiks reicht heute nicht mehr, um deutlichen Reallohnverlust zu verhindern.