Konzepte des „Einfrierens“ des Ukrainekriegs werden unter außenpolitischen Experten in den Medien und Thinktanks der USA seit der Niederlage der ukrainischen Gegenoffensive 2023 offen diskutiert. Mehr Realismus in der Bewertung des Kriegsverlaufs kehrte damals ein. Zugleich begannen die China-Falken unter den US-Neocons die Sorge zu äußern, die USA könnten sich im Ukrainekrieg dauerhaft in Europa verstricken, statt sich auf den Konflikt mit China zu konzentrieren, der aus Sicht der Neocons größeren Bedrohung für die globale Hegemonie der USA. Seit dem 7. Oktober 2023 stecken die USA nicht nur in Europa, sondern zusätzlich im Nahen Osten fest.
Zu offiziellen Verhandlungen mit Russland über ein „Einfrieren“ kam es nie. Das Selenski-Regime lehnt die Idee strikt ab und beharrt seit 2022 auf Selenskis „Friedensformel“, die den vollständigen Abzug russischer Truppen hinter die Grenzen von 1991 vorsieht. Auf bisher vier internationalen Konferenzen warben Selenski und der Westen für die „Friedensformel“. Die fünfte Konferenz findet Mitte Juni in der Schweiz statt. Zahlreiche Länder des globalen Südens sagten ihre Teilnahme ab, weil Russland nicht eingeladen ist. Die Welt wünscht sich dringend Frieden für die Ukraine. Realistisch ist jedoch nur ein Verhandlungsfrieden, nicht Selenskis „Siegfrieden“.
USA und EU setzen auf die maximale Schwächung der Russischen Föderation, da sie der NATO- und EU-Ostexpansion im Weg steht. 2022 hatten alte Wunschträume vom „Sieg der Ukraine“, vom „Sturz Putins“, von der „Dekolonisierung“ oder „Zerteilung“ Russlands im Westen Konjunktur. Jetzt, wo die Ukraine verliert, heißt das Ziel nur noch: „Russland darf nicht gewinnen.“ Also weiter Krieg „bis zum letzten Ukrainer“? Das hält die Ukraine nicht mehr lange durch. Ihre Armee ist dezimiert und erschöpft. Die Verluste sind höher als die Zahlen der neu Mobilisierbaren. Der Widerstand der Bevölkerung gegen die gewaltsame Mobilisierung wird immer heftiger.
Zudem bleibt die Waffenproduktion der NATO-Länder weit hinter dem Verschleiß in der Ukraine zurück, ein Problem, das sich kurzfristig nicht beheben lässt. Es gibt also auch im Westen genug Gründe für eine „Atempause“. Doch die Chancen, dass es zu Verhandlungen kommt, sind gering. Die USA hoffen, den Krieg bis nach den Präsidentenwahlen am Laufen halten zu können. Selenski verschiebt Wahlen unter Berufung auf das Kriegsrecht und würde sie, Umfragen zufolge, verlieren. Russland ist zwar offen für Verhandlungen, die von den heutigen Realitäten ausgehen. Ein „Einfrieren“, nur um der NATO Nachrüstung zu ermöglichen, lehnte Putin aber ab.
Lawrow, Putin, Peskow und Schoigu äußerten in den letzten Monaten viele konstruktive Ideen für eine Lösung. Danach soll Ausgangspunkt das Istanbul-Kommuniqué von 2022 sein, aber die heutigen Realitäten berücksichtigt werden. Zudem will man über die Sicherheitsarchitektur in Europa verhandeln, wozu es Vorschläge Chinas gibt. Hiesige Medien und Politiker schweigen dazu. Es berührt ihre Ostexpansion, für die sie Beschränkungen nicht dulden wollen. Sie verstecken sich hinter der „Selenski-Formel“ und der fiktiven „Selbstbestimmung“ der Ukraine, eines Landes, das ökonomisch, politisch und militärisch vollkommen am Tropf des Westens hängt.
Um Russland dennoch unter Druck zu setzen, eskalieren sie auf Teufel komm raus: Bodentruppen, Berater, Einsatz westlicher Waffen auf russischem Gebiet, das Testen roter Linien – all das ändert nichts am Frontverlauf. Was will man mit solchen Provokationen erreichen? In der Russischen Föderation Panik erzeugen? Oder gar Kräften wie Sergei Karaganow Zulauf verschaffen, der Putin öffentlich bedrängt, taktische Atomwaffen einzusetzen? Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.