Forderung an den Berliner Senat: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Warnstreik bei Charité-Tochter

Von Karin Mack

warnstreik bei charite tochter - Warnstreik bei Charité-Tochter - Berlin, Betriebliche Kämpfe, Charité, Gewerkschaftspolitik, Tarifkämpfe - Wirtschaft & Soziales

( Karin)

„Die Gesundheit ist ein elementares Grundrecht aller Menschen“, heißt es im Programm der DKP Berlin zur Wahl des Abgeordnetenhauses am 18. September. Die Heilung und Genesung der Patientinnen und Patienten ist der Sinn der Arbeit im Gesundheitswesen. Aber für die Beschäftigten wird es von Jahr zu Jahr schwieriger, das Patientenwohl in den Mittelpunkt zu stellen, weil die Krankenhäuser in zunehmendem Maß Gewinn abwerfen müssen. Das ist die Logik des kapitalistischen Profisystems.

„Berlinerinnen und Berliner für mehr Personal im Krankenhaus“ heißt das Bündnis, in dem Patientinnen und Patienten die Arbeitskämpfe bei Vivantes und Charité, bei den therapeutischen Diensten und in den Tochterfirmen CFM und VSG unterstützen. Die Solidarität ist der Schlüssel zum Erfolg, das hat der Erfolg der Charité-Angestellten und der ver.di im Kampf um tarifliche Personalstandards 2015 bewiesen. Die DKP wird das Bündnis, egal ob vor oder nach der Wahl, weiterhin nach Kräften unterstützen.

Denn: „Wir Kommunisten denken, das Ziel der Gesundheitspolitik darf es niemals sein, dass es sich für private Krankenhauskonzerne, Pharmakonzerne, Krankenkassen und Hersteller von medizinischen Geräten ‚rechnet‘ und Profite eingefahren werden.“

Ungefähr hundert Kolleginnen und Kollegen beteiligten sich am Mittwoch vor einer Woche (7.9.) an einem Warnstreik gegen die CFM (Charité Facility Management) in Berlin. ver.di hatte zum Streik aufgerufen – unter der Losung „Zehn Jahre Tarifflucht sind genug“.

Die Berliner Landesregierung hatte 2006 bewusst die CFM als Dienstleistergesellschaft aus der dem Land gehörenden Krankenhausgesellschaft Charité ausgegründet, um damit den Weg für Lohndumping und Tarifflucht frei zu machen. In zehn Jahren wurden hier den Kolleginnen und Kollegen Millionen geklaut. Die Charité saniert sich auf dem Rücken der Beschäftigten. Weil der Lohn nicht zum Leben ausreicht, müssen sie und ihre Familien zusätzlich noch durch Hartz IV unterstützt werden.

In zwei Tarifverhandlungsrunden hatte die Arbeitgeberseite ihre ablehnende Haltung damit begründet, dass sie branchenübliche Löhne zahle und deshalb keinerlei Veranlassung bestehe, dies zu ändern und sie jederzeit genügend Beschäftigte finden würde. Das heißt: CFM-Mitarbeiter werden nicht nach dem Charité-Tarifvertrag bezahlt. Der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit in einem Betrieb“ wird bewusst verletzt.

Zusätzlich ist die Tarifgestaltung der CFM bewusst unübersichtlich: von den 2 800 Beschäftigten arbeiten 2 200 direkt in der Servicegesellschaft, 600 sind so genannte „Gestellte“, die doch nach dem Charité-Tarifvertrag bezahlt werden. Hinzu kommt eine weitere Aufgabenverlagerung von der Charité Facility Management auf Dritt­anbieter. Zum Beispiel wurden Transporte von externen Unternehmen erbracht, obwohl eigenes Personal dafür zur Verfügung steht. Der Betriebsrat wurde erst auf Nachfrage über diesen Schritt informiert und hat deswegen juristische Schritte eingeleitet, weil die betriebliche Mitbestimmung übergangen wurde. Vermutlich will die Arbeitgeberseite damit Druck auf die Arbeitnehmerseite ausüben, denn gerade im Transportbereich sind viele Kollegen bei ver.di organisiert. Auch die Drohung wurde ausgesprochen, den Transportbereich ganz aus der CFM auszulagern.

Mit dem Streikaufruf am 7. 9. sollte vor der nächsten Verhandlungsrunde ein Signal gesetzt werden. Auch hofften die Kolleginnen und Kollegen, mit dem Warnstreik an die Verantwortung des Berliner Senats zu appellieren: 51 Prozent der CFM gehören der Charité und deren Eigentümer wiederum ist der Berliner Senat. Der Warnstreik wurde mit einer Demo zum Roten Rathaus beendet. Die 2006-Ausgliederung der CFM wurde von der seinerzeit rot-roten Landesregierung von SPD und „Linken“ beschlossen. Die Streikenden forderten vor dem Berliner Regierungssitz jetzt die Parteien auf, sich für die Rückführung der Tochtergesellschaften zur Charité und für den dort geltenden Tarifvertrag für alle Beschäftigten und die Forderungen einzusetzen: „Tarifvertrag der Charité für alle! Schluss mit befristeten Arbeitsverträgen und dem Recht auf Stundenaufstockung!“

Die Beteiligung am Warnstreik wurde von der Streikleitung auf der Kundgebung am Mittwochmittag auf dem Campus Mitte als nicht ausreichend eingeschätzt, um den CFM-Betrieb empfindlich zu stören und um deutlich zu machen, dass ohne die CFM-Kolleginnen und -Kollegen bei der Charité nichts läuft. Der Betriebsratsvorsitzende der CFM, Maik Sosnowsky, sagte auf der Kundgebung: „…Es ist extrem wichtig für die weiteren Verhandlungen, dass wir mehr Aktive werden, dass wir uns mehr abstimmen und organisieren, eine größere Vernetzung ist extrem wichtig. Wer organisiert wie seinen Bereich. Deshalb appelliere ich nochmals an alle hier, noch aktiver zu werden, nochmals zu überlegen: Ich bin der Vertrauensmann in meinem Bereich, ich gebe das Feedback an die Streikenden bzw. an die Tarifkommission … Nur über diesen Weg funktioniert die Organisation.“ Zur Sprache kam auch, dass eine Atmosphäre der Angst und Hoffnungslosigkeit unter den Beschäftigten herrsche. Sie glaubten, weil 2011 nicht das erreicht worden sei, wofür damals gestreikt wurde, lohne es sich auch dieses Mal nicht, auf die Straße zu gehen. „Deshalb ist es notwendig“, so Maik Sosnowsky „hier­über mit jedem einzelnen Kollegen und Kollegin zu sprechen“. Hierzu gaben auch einige Teilnehmer der Kundgebung die notwendige Antwort. Ein Hebel sei der Krankentransport. Hier könnte der Betrieb wirklich lahmgelegt und der Arbeitgeber unter Druck gesetzt werden.

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"Warnstreik bei Charité-Tochter", UZ vom 16. September 2016



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