Zum China-Antrag des Parteivorstands an den 25. Parteitag der DKP

Wann, wenn nicht jetzt?

Haben wir nichts Besseres zu tun, als uns mit China zu befassen? Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, hatte eine ähnliche Frage bereits in seinem im Juni 2021 vor dem Parteivorstand gehaltenen Referat „Herausforderungen und Probleme beim Aufbau des Sozialismus“ gestellt. Seine Antwort: „Ohne eine differenzierte Herangehensweise ist das Verständnis globaler Entwicklungen schwer, wird eine Einschätzung des globalen Kräfteverhältnisses fehleranfällig.“ Wenn aber globale Entwicklungen und Kräfteverhältnisse falsch eingeschätzt werden, dann können auch die daraus folgenden Positionierungen und die Festlegung unserer Ziele und Aufgaben falsch sein.

Um das zu vermeiden, wurde in vielen Gliederungen unserer Partei über dieses Referat mithilfe der von der Bildungskommission erstellten „Notizblöcke“ diskutiert. Bildungsabende zu China wurden veranstaltet und in den „Marxistischen Blättern“ wurde zum Thema veröffentlicht, wobei auch chinesische Stimmen zu Wort kamen. Die UZ berichtet laufend, in der „Kommunistischen Arbeiterzeitung“ (KAZ) wurden fundierte Analysen vorgelegt. Es sind wegweisende Bücher erschienen wie etwa von Wolfram Elsner oder Uwe Behrens. Der jetzt vorliegende Antrag des Parteivorstands zieht die notwendigen Schlussfolgerungen aus den Debatten und gewonnenen Erkenntnissen.

Vom Partner zum Systemkonkurrenten

Unser Gegner, das deutsche Monopolkapital, vertreten durch den BDI, hat schon 2019 in einem Grundsatzpapier seine Haltung zu China verkündet. Es folgten die Bundesregierung und die EU. China wurde dabei vom Partner zum Systemkonkurrenten „befördert“. Das bedeutet, dass China mit dem bei uns herrschenden imperialistischen System in politischer und ökonomischer Hinsicht nicht mehr kompatibel ist. Seitdem hat sich die Hetze – nicht zuletzt durch den US-Imperialismus mit offenem Wirtschaftskrieg unterfüttert – vervielfacht. Und überall sehen wir die Brandstifter am Werk: in der Straße von Taiwan, in Xinjiang, in Tibet, in Hongkong, im Südchinesischen Meer. Den Ukraine-Krieg versteht man ohnehin nur, wenn man erkannt hat, dass damit Russland als der Bündnispartner Chinas getroffen werden soll.

Es geht um die „Vernichtung der Alternative“ (Fidel Castro)

Es ist also höchste Zeit, dass die deutschen Kommunisten ihr Verhältnis zu China und seiner Kommunistischen Partei umfassend klären und sich festlegen. Dass wir uns dabei nicht an der Verteufelung Chinas beteiligen, ist eine Selbstverständlichkeit. Es geht aber vor allem darum, dass wir in der KP Chinas eine im Sinne des proletarischen Internationalismus befreundete Partei erkennen, die den Weg des Sozialismus geht. Der vom Parteivorstand dem kommenden Parteitag vorgelegte Antrag „Die VR China, ihr Kampf um den Aufbau eines modernen sozialistischen Landes und die Veränderung der internationalen Kräfteverhältnisse“ schafft dafür eine tragfähige Basis. Er zeigt die theoretischen Grundlagen auf, benennt die äußeren und inneren Widersprüche und kommt zu richtungsweisenden Schlussfolgerungen, welche die beliebige, unentschlossene und teils ablehnende Haltung in unserem Verhältnis zu China und seiner Kommunistischen Partei beenden.

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Feiern zum 100. Geburtstag der KP Chinas im Sommer 2021 (Foto: Li Hao / GT)

Er gibt damit auch der Arbeiterbewegung hierzulande eine Orientierung gegen das Eifern aus rechten und rechtssozialdemokratischen Kreisen, aber auch aus linksopportunistischen Zirkeln, die China als autoritäres Land abqualifizieren. Ohne eine solche Orientierung sind die Kolleginnen und Kollegen der auf uns zukommenden Welle von chauvinistischer Kriegshetze hilflos ausgeliefert und jeglicher real existierenden Perspektive im Friedenskampf beraubt. Es geht darum, Position zu beziehen, dass es beim Kampf des Imperialismus gegen China nicht nur um die Vernichtung eines Konkurrenten geht, sondern um die Vernichtung der Alternative, des Sozialismus, der – so Fidel Castro – „einzig wirkliche(n) Hoffnung auf Frieden und Überleben unserer Spezies“. Und Fidel fährt fort: „Genau das haben die Kommunistische Partei und das Volk der Volksrepublik China unwiderleglich bewiesen. Sie haben gleichzeitig, wie Kuba und andere Geschwisterländer es auch gezeigt haben, geklärt, dass jedes Volk seine Strategie und seine revolutionären Ziele an die spezifischen Bedingungen seines eigenen Landes anpassen muss und dass es keine zwei sozialistische Entwicklungsprozesse gibt, die einander vollkommen gleich sind.“

Das ist auch einer der wichtigsten Aspekte im Antrag: Sozialismus ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Ein Prozess, um dessen Vorwärtsgehen in die richtige Richtung gekämpft werden muss. Ein Prozess, der eine ganze Epoche umfasst, in der die Frage, ob der Sozialismus siegt, noch nicht endgültig entschieden ist.

Lernen – nicht kopieren

Die Definition Fidels und auch der chinesischen Genossinnen nd Genossen eines „Sozialismus mit chinesischen Charakteristika“ sollte uns dazu anhalten, führende Parteien, auch wenn sie noch so ruhmreich und mächtig sind, nicht nachzubeten. Es gilt die eigenen Bedingungen, Interessen, Möglichkeiten und Perspektiven zu finden, die unserem Land und Volk angemessen sind. Lernen von Vorbildern ist gut, Kopieren der falsche Weg.

Der Antrag legt uns fest, dass wir in den kommenden Kriegen nicht an der Seite des deutschen Imperialismus und seiner – wie auch immer geführten – Regierungen stehen, sondern an der Seite Chinas und seiner Kommunistischen Partei. Nicht bedingungslos und blind, sondern im gemeinsamen Interesse der internationalen Arbeiterklasse.

Die Gefahr „für den Frieden und das Überleben unserer Spezies“ ist groß genug, um jetzt tätig zu werden und mit Klarheit im Verhältnis zu China den Blick nach Innen zu richten und mit aller Kraft denen ans Leder zu gehen, die nicht nur die VR China angreifen, sondern uns und unser ganzes Land ruinieren: das deutsche Monopolkapital, die deutsche Finanzoli­garchie. Ihnen das Handwerk zu legen und einen Sozialismus „mit deutschen Charakteristika“ zu errichten – welche Wohltat nicht nur für uns.

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"Wann, wenn nicht jetzt?", UZ vom 18. November 2022



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