Mehr als 50 Bewerber, darunter sieben Frauen. Drei Kandidaten. Aber nur ein Favorit. Am 26. Mai fanden die Präsidentschaftswahlen in Syrien statt. Die Wahlbeteiligung lag bei 76 Prozent und damit sehr viel höher als bei der letzten Parlamentswahl. In vielen Städten Syriens wurden die Wahlen bis spät in die Nacht gefeiert. Ebenso gefeiert wurde das Ergebnis. Wie erwartet, gingen 95 Prozent der Stimmen an den alten und neuen Präsidenten Assad.
Die 51 Bewerber, die sich zur Wahl stellen wollten, hatten eine hohe Hürde zu überwinden. Im Ausleseprozess mussten sie 35 Abgeordnete im syrischen Parlament finden, die ihre Wahl unterstützten. Neben Assad gelang das nur zwei Bewerbern.
Abdullah Salloum Abdullah gehörte der Socialist Unionist Party (SUP) an, einer früheren Abspaltung der syrischen Baath-Partei, war aber nicht offizieller Kandidat dieser Partei. Auf dem Höhepunkt der politischen Proteste in Syrien erzielte die SUP 2012 ihr bisher bestes Ergebnis mit 18 von 250 Sitzen im Parlament. Bei den letzten Parlamentswahlen war ihre Bedeutung nur noch marginal. Das Ergebnis von Abdullah Salloum Abdullah entsprach dem seiner Partei – er erhielt 214.000 Stimmen.
Mahmoud Merhi, der zweite Gegenkandidat, kam aus der politischen Opposition und hatte sich im oppositionellen Koordinationskomitee für demokratischen Wandel engagiert, einem Block aus etlichen syrischen Parteien. Er wurde in der Vergangenheit mehrmals verhaftet, verließ das Koordinationskomitee aber, nachdem es sich zunehmend internationalen syrienfeindlichen Programmen angeschlossen hatte. Er tritt für einen syrisch-syrischen Dialog und eine nationale Regierung ein. Wie die anderen Kandidaten will er gegen die Korruption kämpfen und tritt für Verantwortlichkeit der Institutionen ein. Und er fordert die Freilassung der politischen Gefangenen. Er erhielt 470.000 Stimmen.
Die Bilder der Wahlen waren bunt. Sie reichten von disziplinierten Warteschlangen mit Maske, Abstand und Wahlkabinen bis zu chaotisch überfüllten Wahllokalen, die dem Andrang nicht gewachsen waren. Ob Chan Schaichun im Süden von Idlib oder Duma bei Damaskus, wo Assad seine Stimme abgab: Die Dschihadisten sind vertrieben – ein Grund zu feiern. Denn „die Opposition ist weit mehr verhasst als das Regime“, zitierte „Al Jazeera“ eine Syrerin.
Der Wahlenthusiasmus war nicht auf Syrien beschränkt. Im Libanon strömten wieder Zehntausende zur syrischen Botschaft, um ihre Stimme abzugeben. Sie mussten lange anstehen und waren dabei Angriffen von Gegnern der syrischen Regierung ausgesetzt. Ein Syrer wurde dabei getötet.
Die Bundesregierung hat in Deutschland die Wahl untersagt. Sie folgte damit dem Beispiel der USA und der Türkei.
Mit Straßensperren an den Übergängen zum Regierungsgebiet versuchten auch die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), die Wahlen zu behindern. Auf der anderen Seite gab es Absprachen zwischen Stammesorganisationen und Unterstützern der Regierung, um die Wahlen dennoch durchführen zu können.
Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Ergebnisses gratulierten die Regierungen von Iran, Russland und Venezuela. Zu den ersten Gratulanten gehörte auch China. Nach dem Engagement im UN-Sicherheitsrat für einen Waffenstillstand in Gaza ein weiteres Zeichen: Die chinesische Regierung bemüht sich um mehr Einfluss im Nahen Osten.
Assads Wahlgewinn wurde von vielen gefeiert. Nach der Wahlparty aber wird es um Sanktionen und Korruption, um Arbeitslosigkeit, Mangel und hohe Preise gehen. Und um die Besetzung eines Teils des Landes durch die USA und die Türkei. Ein „Weiter so“ wird alleine nicht ausreichen.