Endet das Gezerre bei der „Linken“? Neue Formation könnte Spaltung besiegeln

Wagenknecht will Partei gründen

Wie der „Spiegel“ am Mittwochabend berichtete, will Sahra Wagenknecht am kommenden Montag vor die Bundespressekonferenz treten, um die Gründung des Vereins „BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit e. V.“ bekanntzugeben. Die Abkürzung BSW soll für „Bündnis Sahra Wagenknecht“ stehen. Es wird außerdem erwartet, dass Wagenknecht einen Programmentwurf vorstellt, und die Pressekonferenz nutzt, um einen „klaren Ausblick“ auf die geplante Parteineugründung zu geben.

Seit Monaten hatten Anhänger und Gegner Wagenknechts in der „Linken“ auf die Entscheidung über die Gründung einer neuen Partei gewartet. Insbesondere der Parteivorstand hatte in den vergangenen Wochen keinen Zweifel daran gelassen, dass er es auf eine Abspaltung anlegte, um die inhaltliche Neuausrichtung der Partei abzuschließen. Zur Vorbereitung dessen gehörte beispielsweise der im Juni gefasste Vorstandsbeschluss: „Die Zukunft der ‚Linken‘ ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht.“ Einen Monat später nominierte der Parteivorstand dann im Alleingang die Aktivistin Carola Rackete für den zweiten Listenplatz zu den kommenden EU-Wahlen. Die im Netzwerk „Was Tun?!“ organisierte Parteiopposition bezeichnete diesen Schritt als „Putsch von oben“.

Im September berichtete dann die „Bild“-Zeitung über die Pläne zur Gründung einer Wagenknecht-Partei. Unter Berufung auf Wagenknecht selbst hatte das Blatt die zentralen Programmpunkte einer möglichen neuen Partei skizziert. „Wirtschaftliche Vernunft“, „Soziale Gerechtigkeit“, „Frieden“ und „Freiheit“ waren die genannten Schlagworte. Was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, wird die Zukunft zeigen. Nach UZ-Informationen wurde darüber hinaus auch schon mit ersten organisatorischen Schritten zum Aufbau künftiger Basisstrukturen begonnen.

Dass nun zuerst die Gründung eines Vereins bekanntgegeben wird, überrascht nicht. Schon länger gab es Gerüchte um den Aufbau einer Organisation, die als Vorgänger einer zukünftigen Partei fungieren kann. Als politische Vereinigung könnte das Bündnis zudem auch bei den kommenden EU-Wahlen antreten. Gegenüber „tagesschau.de“ hatte Wagenknecht in der vergangenen Woche geäußert, dass eine formal und strukturell aufwendigere Parteigründung im Jahr 2024 erfolgen könnte.

Unklar ist noch, welche Auswirkungen die offizielle Ankündigung auf die Bundestagsfraktion der Linkspartei haben wird. Wagenknechts Umfeld geht laut Bericht des „Spiegel“ davon aus, dass damit auch ihr Austritt aus der Fraktion „besiegelt“ sei. Anzunehmen ist, dass in diesem Fall weitere Bundestagsabgeordnete folgen, was zum Verlust des Fraktionsstatus führen würde. Dietmar Bartsch, der erst kürzlich und nach Vermittlung durch die Parteivorsitzende Janine Wissler noch einmal als Fraktionsvorsitzender bestätigt wurde, müsste dieses ungeliebte Amt dann nicht mehr lange ausführen.

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