Israel drängt auf Fortsetzung des Krieges. Großküchen in Gaza versuchen, Hunger zu stillen

Waffenstillstand wird torpediert

Waffenlieferungen ohne Ende: 76.000 Tonnen Munition, militärische Geräte und Bomben lieferten die USA seit dem 7. Oktober 2023 an Israel. Eine Pause gab es lediglich vor dem israelischen Angriff auf Rafah. Der damalige US-Präsident Biden stoppte die Lieferung der berüchtigten MK-84-Bomben, 700 Kilogramm schwere Bomben, die Gaza in Schutt und Asche legten. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt gab Präsident Trump die Lieferung frei. Die Bomben kamen am Sonntag in Israel an.

Noch immer befindet sich Gaza in der ersten Phase des zerbrechlichen Waffenstillstands. Das sind sechs Wochen, in denen israelische Geiseln in kleinen Gruppen freigelassen werden und umgekehrt palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freikommen. Zuletzt gab es am Wochenende den Austausch von drei Israelis gegen 369 Palästinenser. Der schrittweise Austausch ist Absicht: die sechs Wochen sollen genutzt werden, um die Modalitäten für die zweite Phase des Waffenstillstands festzulegen. In dieser zweiten Phase sollen alle lebenden Geiseln übergeben und zugleich eine Vielzahl von Palästinensern freigelassen werden. Das israelische Militär soll sich vollständig aus dem Gazastreifen zurückziehen. Die dritte Phase soll den Übergang zu einem langfristigen Abkommen ermöglichen.

Trump, dessen Vermittler die Waffenruhe überhaupt erst möglich gemacht hatte, wechselte den Kurs unvermittelt. Wenn Hamas nicht alle Geiseln bis zum 15. Februar freilasse, sei der Waffenstillstand zu Ende und die Hölle breche los, tönte es aus dem Weißen Haus. Kurz vor Ablauf des Ultimatums eine erneute Wendung. Die USA überließen die Entscheidung Netanjahu. Das Ultimatum diente vielleicht nur der Vorbereitung neuer Forderungen. Inzwischen sollen – geht es nach Trump und Netanjahu – entgegen dem ursprünglichen Fahrplan sechs zusätzliche Geiseln frühzeitig freigelassen werden. Die Frage liegt nahe: will Israel noch in der ersten Phase möglichst viele lebende Geiseln austauschen und danach den Krieg fortsetzen? Auch beim israelischen Militär gibt es Überlegungen, den Krieg fortzusetzen, wenn es keine baldige Einigung gäbe.

Damit wird deutlich, warum Israel um keinen Preis eine schriftliche Garantie geben wollte, die Angriffe nicht wieder aufzunehmen, auch wenn in den Verhandlungen um die zweite Phase noch keine Einigung erzielt wäre. Solche Überlegungen – die nun von neuen Bombenlieferungen unterstützt werden – widersprechen dem Geist des Waffenstillstandsabkommens. Die Vermittler hatten der Hamas in den Verhandlungen mündlich zugesichert, für die Umsetzung der zweiten und dritten Phase einzutreten – auch wenn in den ersten sechs Wochen noch keine Einigung erzielt würde. Die Aufforderungen von Hazem Qasim, einem Sprecher der Hamas, verhallten ungehört. Er hatte die USA als Vermittler aufgerufen, sie sollten Israel dazu drängen, am Abkommen festzuhalten. Nur so könnten sie das Leben der Geiseln schützen.

Für die Menschen in Gaza bietet der Waffenstillstand eine leichte Verbesserung ihrer Situation. 22 Bäckereien arbeiten nun in Gaza. Im Norden nahm eine Küche den Betrieb auf, die 20.000 Mahlzeiten am Tag produzieren kann, im Süden gibt es einen ähnlichen Betrieb, der 15.000 Mahlzeiten produziert. Die Lieferung von Hilfsgütern erreicht aber noch nicht den nötigen Umfang.

Mittlerweile traf Marco Rubio, der neue US-Außenminister, in Israel ein. Er unterstützte – wie Netanjahu – Trumps Plan, die Palästinenser aus Gaza zu vertreiben und forderte die vollständige Zerstörung der Hamas. Keine guten Aussichten für den Waffenstillstand.

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"Waffenstillstand wird torpediert", UZ vom 21. Februar 2025



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