Kampf um Mossul ist ein Feldzug der USA

Waffenruhe in Aleppo bleibt ungenutzt

Von Manfred Ziegler

Seit geraumer Zeit betreibt die irakische Armee ihre Offensive, um den IS aus Mossul zu vertreiben. Ortschaften in der Umgebung der Stadt wurden erobert und die Sprecher der Armee betonen, dass die Aktion planmäßig oder sogar schneller als geplant verläuft. Daran änderte auch ein kurzfristiger Angriff des IS auf die Stadt Kirkuk im Norden des Irak nichts.

Wie sehr der Kampf um Mossul eigentlich ein Feldzug der USA ist, zeigen die US-Luftwaffe und die insgesamt 5 200 US-Soldaten im Einsatz. Und der US-Kriegsminister Carter. Bei seinem dritten Besuch in diesem Jahr diskutierte er die militärischen Entwicklungen mit irakischen und US-Militärs.

Er erklärte dabei, die Türkei würde eine Rolle im Kampf um Mossul spielen – es gäbe eine grundsätzliche Einigung zwischen der Regierung in Ankara und in Bagdad. Der irakische Ministerpräsident dagegen meint, die Türkei würde nicht an diesem Feldzug teilnehmen.

So ist die Frage, nach der Zukunft Mossuls nach wie vor ungeklärt: wie wird die Kontrolle über Mossul zwischen kurdischen Peschmerga, schiitischen Milizen, irakischer Armee, US-Einfluss und türkischer Interessensphäre aufgeteilt werden.

Ungeklärt ist auch, welche Rolle die Konflikte zwischen schiitischen Milizen, Sunniten und Kurden im Kampf um Mossul spielen werden und wie die humanitäre Situation sich entwickeln wird, insbesondere, wenn es einen langen Kampf um Mossul geben sollte.

Die unterschiedlichen Interessen der Akteure bilden einen wahren gordischen Knoten. Der Versuch, ihn mit einem militärischen Erfolg zu zerschlagen wird womöglich mehr Probleme schaffen als lösen.

In Aleppo konnte eine humanitäre Waffenruhe nur einige Tage andauern. Die Dschihadisten im Ostteil von Aleppo verhinderten die Evakuierung von Verletzten und Kranken und die Lieferung von Hilfsmitteln. Tatsächlich war es verstörend und enttäuschend, die Livebilder von den Kontrollposten zu sehen, die bereitstehenden Busse, Krankenwagen und Hilfslieferungen – und zu sehen, dass nichts geschah.

Dagegen geschah im Umland etwas: Die Dschihadisten nutzten – wie immer – die vorübergehende Waffenruhe, um ihre Truppen neu zu ordnen, zu versorgen und eine weitere Offensive vorzubereiten, um von außen den Ring um Ost-Aleppo aufzubrechen.

Für Syrien und seine Verbündeten steht ein weiterer Waffenstillstand oder weitere Verhandlungen à la Lausanne nicht zur Diskussion. Solange die bestehenden Vereinbarungen von den USA und ihren Verbündeten nicht umgesetzt werden, haben weitere Verhandlungen keinen Sinn, erklärte der stellvertretende russische Außenminister Ryabkow.

Politisch und militärisch ist die Situation um Aleppo und Mossul nicht zu vergleichen. Die syrische Regierung und ihre Verbündeten haben gemeinsam das Ziel, IS aus Ost-Aleppo zu vertreiben und die gesamte Stadt wieder unter Regierungskontrolle zu bringen. Das trägt zur Stabilisierung Syriens bei. Die Vertreibung des IS aus Mossul dagegen schafft neue Konflikte zwischen den Akteuren, die ihre unterschiedlichen Interessen verfolgen und sich möglichst große Teile der Region aneignen wollen.

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"Waffenruhe in Aleppo bleibt ungenutzt", UZ vom 28. Oktober 2016



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