Hafenarbeiter verhindern in Frankreich, Spanien und Italien die Verladung von Rüstungsgütern für Saudi-Arabien

Waffenembargo durchgesetzt

Von Rüdiger Göbel

Hafenarbeiter und Friedensaktivisten haben im italienischen Genua am 20. Mai erfolgreich die Verladung von Rüstungsgütern auf den saudischen Frachter „Bahri Yanbu“ verhindert. Arbeiter blockierten das Anlegebecken, Gewerkschafter riefen zum Streik auf, um zu verhindern, dass womöglich militärische Ausrüstung für den Krieg gegen die Zivilbevölkerung im Jemen verschifft wird. Verladen werden sollten eigentlich zwei Generatoren, die als nichtmilitärische Güter deklariert waren.

Italienischen Medienberichten zufolge beteiligten sich 100 Aktivisten und Arbeiter an dem Protest. „Genua geht wegen seiner pazifistischen Tradition auf die Straße. Das ist ein Schiff, das in unserem Hafen anlegt, um Ausrüstung zu laden, die während eines Krieges wie dem im Jemen, in dem viele Menschen der Zivilbevölkerung gestorben sind, eingesetzt werden könnte“, sagte ein Arbeiter im Interview mit dem russischen TV-Sender RT. „Wir dürfen uns daran nicht beteiligen. Das Mindeste, was wir tun konnten, war, das Schiff zu blockieren und für einen Tag zu streiken, bis wir wissen, ob diese Güter für zivile oder militärische Zwecke bestimmt sind.“ Solange das nicht geklärt sei, werde die Verladung verhindert. „Das ist ein starke Botschaft der ganzen Stadt, nicht nur von uns Hafenarbeitern“, erklärte ein anderer am Streik Beteiligter.

Dem Verhalten der Schiffscrew nach waren die Großgeneratoren für das Militär bestimmt. Sie wartete die Untersuchung erst gar nicht ab, der Transporter nahm noch am selben Tag unverrichteter Dinge Kurs auf das saudische Dschidda. Die „Bahri Yanbu“ hatte da schon eine wahre Odyssee hinter sich. Am 13. Mai war das Frachtschiff schon im nordspanischen Santander von Demonstranten empfangen worden. Davor hatten Menschenrechtsaktivisten in Frankreich einen von Präsident Emmanuel Macron befürworteten Waffendeal durchkreuzt. Der saudische Frachter hatte am 10. Mai den nordfranzösischen Hafen Le Havre verlassen, ohne wie geplant Artilleriegeschütze geladen zu haben. Die Menschenrechtsgruppe ACAT hatte vor Gericht Einspruch gegen das Geschäft eingelegt, das gegen Grundsätze der Vereinten Nationen verstoße, da die Waffen gegen die Zivilbevölkerung im Jemen zum Einsatz kommen könnten. Obwohl das zuständige Gericht den Einspruch verwarf, legte das saudische Schiff erst gar nicht an.

Macron hatte den Deal damit zu rechtfertigen versucht, die Regierung Saudi-Arabiens habe versichert, die für die „Bahri Yanbu“ bestimmten Waffen würden nicht gegen Zivilisten eingesetzt. Ein Hohn, hatten doch erst Mitte April Journalisten den Einsatz französischer Waffen im Jemen-Krieg enthüllt. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate setzten sowohl französische Artillerie und Kampfflugzeuge im Jemen ein wie auch Schiffe, so das Investigativportal „Disclose“ unter Berufung auf eine 15 Seiten umfassende Dokumentation des französischen Militärgeheimdienstes DRM. Aufgelistet sind unter anderem Leclerc-Panzer und Caesar-Kanonen aus französischer Produktion, die im Jemen stationiert sind oder von der Grenze zu Saudi-Arabien aus Ziele im Jemen bombardieren. Die Kanonen mit einer Reichweite von 42 Kilometern werden vom Rüstungskonzern Nexter gebaut, einem Partner von KraussMaffei-Wegmann, und sind auf Mercedes-Unimog-Chassis montiert. Dem Bericht zufolge gibt es Belege, dass durch den Artilleriebeschuss Zivilisten getötet wurden. Die „Yemen-Papers“ widersprechen der offiziellen Version des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seiner Regierung. „Waffen aus Frankreich kommen im Jemen-Krieg zum Einsatz, am Boden, in der Luft und auf See“, bringt der deutsch-französische TV-Sender Arte das DRM-Dossier auf den Punkt. Die Beteiligung deutscher Waffenschmieden hatte zuvor schon der Rechercheverbund #GermanArms nachgewiesen.

Während die „Bahri Yanbu“ ohne Kriegsgerät aus Frankreich und Italien auf Kurs in die Heimat ist, soll den Journalisten, die die schmutzigen Geschäfte mit der Kopf-ab-Diktatur aufgedeckt haben, der Prozess gemacht werden. Mitte Mai wurden die Journalisten Geoffrey Livolsi und Mathias Destal vom Investigativportal „Dis­close“ und Benoît Colombat von „Radio France“ vom französischen Inlandsgeheimdienst DGSI zu Verhören geladen, weil sie den Einsatz französischer Waffen im Krieg gegen die jemenitische Zivilbevölkerung aufgedeckt haben. Die Pariser Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen Preisgabe eines Geheimnisses der Landesverteidigung eingeleitet. Im Fall einer Verurteilung drohen den Journalisten bis zu fünf Jahre Haft. In einer von „Le Monde“ veröffentlichten Erklärung haben mittlerweile zahlreiche Journalisten und ihre Verbände die staatlichen Einschüchterungsversuche verurteilt und ihre Solidarität mit ihren bedrängten Kollegen bekundet.

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"Waffenembargo durchgesetzt", UZ vom 31. Mai 2019



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