Trotz eines neuen Verkaufsrekords von 10,8 Millionen KFZ und einem Gewinn nach Steuern von 12,2 Milliarden Euro will der Konzern allein bei der Marke VW in den nächsten fünf Jahren 7 000 Stellen streichen, vor allem in der Verwaltung. Mit dem im Zukunftspakt von 2016 vorgesehenen Abbau von 14 000 Arbeitsplätzen ergibt das eine Vernichtung von 21 000 Arbeitsplätzen. Das Ganze nennt sich „Ergebnisverbesserungsprogramm“ und soll ab 2023 jährlich 5,9 Milliarden Euro einbringen. Die Umsatzrendite soll von 3,8 Prozent auf 6 Prozent gepuscht werden. Bis 2025 sollen Produktivität und Effizienz insgesamt um 30 Prozent steigen.
Grund für den Stellenabbau sei laut VW die Umstellung auf Elektro. In den kommenden zehn Jahren plant der Konzern, rund 70 neue Elektromodelle auf den Markt zu bringen. Statt der bisher geplanten 15 Millionen sollen dann 22 Millionen elektrisch betriebene Fahrzeuge produziert werden. Vier von zehn Autos sollen Elektroautos sein. Das Problem: „Ein E-Auto lässt sich mit etwa 30 Prozent weniger Aufwand herstellen als ein Verbrenner“, sagte Konzernchef Herbert Diess auf der Pressekonferenz. „Das heißt: Wir werden Arbeitsplätze abbauen“ und es werde schwer, dieses Ziel nur mit Fluktuation und Altersteilzeit zu schaffen.
Rauf mit Produktivität, Absatz und Rendite, runter mit den Arbeitsplätzen, es ist immer das gleiche Lied – bei VW, BMW, Daimler, Opel, Ford, aber auch in den Betrieben außerhalb der Automobilindustrie. Das entspricht kapitalistischer Logik.
Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh sieht die Probleme vor allem in Managementfehlern: Abgasskandal, verschobene Fahrzeugprojekte, fehlende Synergien und zu große Komplexität der Angebotspalette. „Das Management hat es nicht im Griff“, so sein Resümee. Deshalb ist klar: „Bei Volkswagen werden nur Arbeitsplätze abgebaut, wenn die Tätigkeit dahinter tatsächlich wegfällt. Einer Fremdvergabe werden wir nicht zustimmen. Der Betriebsrat sieht die Aussagen der Unternehmensseite zu den 5 000 bis 7 000 Arbeitsplätzen daher sehr kritisch. Denn uns ist keine Herleitung dieser Größenordnung bekannt. Der Vorstand ist bisher nicht in der Lage, eine Erklärung zu diesen Zahlen zu liefern. Fakt ist: Hirngespinste von externen Unternehmensberatungen werden wir nicht akzeptieren.“
Bei VW ist es aufgrund einer hoch organisierten Belegschaft, eines starken IG-Metall-Betriebsrates, des niedersächsischen Landesanteils an VW und des VW-Gesetzes möglich, Lösungen ohne betriebsbedingte Kündigungen zu finden. Das Profitstreben des Porsche-Piech-Clans und der Anteilseigner aus Katar kann ab und zu etwas gebremst werden. Der Betriebsrat kann selbstbewusst auftreten und Bedingungen stellen.
So fordert der Betriebsrat eine Verlängerung des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bis 2029 für alle Standorte. Außer für Hannover und Emden galt die Beschäftigungsgarantie in den anderen Werken nur bis 2025. Die Arbeit wird innerhalb des Konzerns so verteilt, dass Standortschließungen verhindert werden. Eine Kampfaufgabe wird es, im Aufsichtsrat eine Mehrheit gegen eine zusätzliche Fabrik in Osteuropa zu erreichen. Das sind innerbetriebliche Lösungen, die soziale Härten für die Belegschaft verhindern können. Das ist schon mal besser als bei Opel oder Ford – dort gibt es keinen Landesanteil und kein VW-Gesetz.
Die Piechs, Porsches, Diess‘ und Co. entscheiden sich im Zweifel immer für den Profit. Arbeitsplätze sind für die Kapitalisten nur Kostenfaktoren, die zu reduzieren sind. Der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit ist auch bei VW nicht aufgehoben. Es reicht auch nicht aus, auf „unfähige“ Manager zu schimpfen und deren überhöhte Bezüge anzuprangern.
Ohne eine radikale Arbeitszeitverkürzung, zumindest in der hochproduktiven Automobilindustrie, die in Europa von weniger als einer Handvoll Konzerne beherrscht wird, ist das Problem der bestehenden Überkapazitäten nicht zu lösen. Ganz zu schweigen davon, dass jede Erhöhung der Produktion den ökologischen Kollaps befördert. „System Change not Climate Change“ ist eine der Hauptlosungen der Klimabewegung und der aktuellen Schülerproteste. Auch Automobilbeschäftigte und ihre Gewerkschaften müssen endlich wieder über Alternativen zum Kapitalismus nachdenken. Dass der unsere Probleme nicht löst, haben mittlerweile viele durchaus erkannt.