Zum Flop des Tankrabatts

Vorwärts zu Erhard

Das Ausmaß des Spritpreisanstiegs erlebt aktuell jeder, der auf sein Auto angewiesen ist. Heizöl kostet übrigens mittlerweile das Zweieinhalbfache des Vorjahrespreises, das bekommt aber jetzt erst der Teil der Menschen mit, die sich jetzt für den kommenden Winter eindecken können. Den Autofahrern zumindest war von der Regierung finanzielle Entlastung in Form des Tankrabatts versprochen wurde.

Und der ist offensichtlich verpufft, was nun auch die Gemüter der Ampelkoalitionäre bewegt. Dass diese Verpuffung gekommen ist, hat offensichtlich mit Ausnahme der Regierungsgrößen niemanden in unserem Land überrascht. Die Umverteilung von privater oder Staatsknete in Konzernhände ist schließlich das, was unser Wirtschaftssystem ausmacht. Und dass die Profite das Lebenselixier der Banken und Konzerne sind, hat jeder erfahren, der einen bundesdeutschen Betrieb von innen gesehen und die Methoden kennengelernt hat, wie sie realisiert werden. Jede Krankenschwester und jede Altenpflegerin erlebt täglich, was es bedeutet, wenn die Versorgung bedürftiger Menschen den Regeln des Kapitalismus unterworfen ist, auch wenn er verschämt als Marktwirtschaft umschrieben wird, die auch noch was mit „sozial“ zu tun haben soll. Die Beschäftigten in den Brief- und Paketzustellungen erfahren alltäglich in Form ihrer Arbeitsbedingungen und mehrheitlich an ihrer Bezahlung, welche Auswirkungen es hat, wenn „der Markt es regelt“.

Nun hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die für ihn neue Erfahrung gemacht, dass die Konzerne sich das tatsächlich einverleiben, was man ihnen in den Rachen schmeißt. Er möchte das Kartellrecht verschärfen, ein „Kartellrecht mit Klauen und Zähnen“ auf den Weg bringen. Das scheint ihn in Opposition zu seinen gelben Regierungspartnern zu bringen, die die Höchstprofite des Kapitals mit Klauen und Zähnen verteidigen.

„Wir gehen quasi zurück zur Ur-Idee der sozialen Marktwirtschaft“, verkündete Habeck in Zusammenhang mit seinen Kartellrechtsplänen. Laut ihren Befürwortern schafft sie Chancengerechtigkeit und ermöglicht Wohlstand für alle. Diesen Beweis ist sie bis heute schuldig geblieben. Denn – und das ist der Kern des Systems: „Die Chance auf Gewinne ist der wichtigste Treiber des Wohlstands.“

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Vorwärts zu Erhard", UZ vom 17. Juni 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Stern.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit