Der deutsch geführte NATO-Kampfverband wird in Litauen stationiert

Vormarsch in den Osten

Von lmö/german-foreign-policy.com

Nachdem am 24. Januar bereits ein 17 Mann starkes Vorkommando in der litauischen Hauptstadt Vilnius eingetroffen war, sind in der letzten Woche weitere 70 Bundeswehrsoldaten in Kaunas, der zweitgrößten Stadt des Landes, eingerückt. Sie richten sich nun auf ihrem Stützpunkt in Rukla etwa 100 Kilometer nordwestlich von Vilnius ein, wo Ende letzter Woche die ersten Transporte mit Panzern und weiterem Kriegsgerät erwartet wurden. Auch Soldaten anderer NATO-Staaten sind schon vor Ort. Alles in allem werden 450 deutsche Militärs in Rukla stationiert. Die NATO-Battle-Group in Litauen – ein verstärktes Bataillon, das Teil der neuen „Enhanced Forward Presence“ („Verstärkter Vorwärtsdrang“) des westlichen Kriegsbündnisses ist – wird auf insgesamt knapp 1 200 Soldaten anwachsen.

Die erste stetige Stationierung deutscher Truppen auf dem Territorium der früheren Sowjetunion richtet sich gegen Russland und ist Teil einer weitaus stärkeren militärischen Anordnung, die insgesamt vier verstärkte NATO-Bataillone sowie eine US-Kampfbrigade in Osteuropa umfasst. Sie kann jederzeit durch eine US-Division ergänzt werden.

Die Vereinigten Staaten haben im Rahmen ihrer „Operation Atlantic Resolve“ („Operation atlantische Entschlossenheit“) eine Kampfbrigade mit über 4 000 Soldaten sowie mehr als 2 000 Panzern, Haubitzen und Militärtransportern nach Osteuropa entsandt, wo sie von Estland bis Bulgarien an Manövern teilnehmen wird. Offiziell sind sämtliche Einsätze als rotierende Stationierungen geplant. Damit soll der NATO-Russland-Grundakte Rechnung getragen werden, die die dauerhafte Stationierung von Kampftruppen in signifikanter Größenordnung in den Staaten der früheren Warschauer Vertragsorganisation untersagt. Tatsächlich werden in Kürze gut 8 000 Soldaten aus NATO-Staaten kontinuierlich in großer Nähe zur russischen Westgrenze Präsenz zeigen. Hinzu kommt die Stationierung von US-Militärgerät in Westdeutschland, den Niederlanden und Belgien; dort werden Fahrzeuge und Waffen für eine vollständige US-Armeedivision (15 000 bis 20 000 Soldaten) einsatzfähig bereitgehalten. Die benötigten Militärs können binnen kürzester Zeit aus den USA eingeflogen werden und mit dem Kriegsgerät nach Osten starten.

Die litauischen Einheiten, mit denen die Bundeswehr kooperiert, werden in zunehmendem Maße mit deutschen Waffen ausgerüstet. Die litauische „Eisenwolf“-Brigade, die in Rukla ihr Hauptquartier hat, wird mit 16 Panzerhaubitzen 2000 aus Beständen der Bundeswehr aufgerüstet; zudem erhält sie fünf weitere Haubitzen zu Übungszwecken sowie 26 Panzer-Kommandofahrzeuge und sechs Evakuierungspanzer des Deutschen Heeres. An der Ausrüstung der litauischen Streitkräfte verdient nicht zuletzt die deutsche Industrie: Vilnius hat im August vergangenen Jahres 88 Transportpanzer GTK Boxer bestellt, welche die deutschen Waffenschmieden Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann bis 2021 ausliefern werden. Der Auftrag beläuft sich auf einen Gesamtwert von 390 Mio. Euro. Bei der Bundeswehr heißt es, die Nutzung deutschen Kriegsgeräts erleichtere den gemeinsamen Kampf.

Innerhalb dieses auf die Einkreisung Russlands gerichteten Hochrüstungsszenarios ist die Bundeswehr nun zum ersten Mal kontinuierlich auf dem Territorium der früheren Sowjetunion stationiert. Die deutschen Truppen sind – ohne einen offenen Krieg – in ein Gebiet vorgedrungen, in dem ihre Vorgängerstreitkräfte zuletzt in der ersten Hälfte der 1940er Jahre einen Vernichtungsfeldzug durchführten.

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"Vormarsch in den Osten", UZ vom 10. Februar 2017



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