Mein Name ist Arnold Schölzel, ich bin 73 Jahre alt, arbeite als Autor für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften und lebe in Berlin. Ich bin Mitglied des Parteivorstandes der DKP, Vorsitzender des „RotFuchs“-Fördervereins e. V. Für politische Bildung und kandidiere für den Bundestag.
Als die DDR 1990 der Bundesrepublik beitrat, verlor sie ihren Status als Staat und wurde zum „Beitrittsgebiet“, in dem einige Grundrechte nicht galten oder ganz aufgehoben waren. Sie wurde zu einer „Zone“ im Sinne des Wortes. Ich war damals wissenschaftlicher Mitarbeiter der Humboldt-Universität und erlebte, wie der Artikel 5, Absatz 3, des Grundgesetzes, der die Freiheit von Wissenschaft und Forschung gewährleisten soll, für DDR-Bürger außer Kraft gesetzt wurde: Sie sollten ihre Leistungen von mehrheitlich aus der Bundesrepublik besetzten Kommissionen „evaluieren“ lassen und wurden innerhalb von zwei Jahren zu 80 Prozent „abgewickelt“. Wer entlassen war, unterlag zumeist einem nicht formell ausgesprochenen Berufsverbot. Das betraf ungefähr 160.000 Menschen an den Universitäten und Hochschulen der DDR. Ähnliches spielte sich in den Medien, in der Kultur und im Staatsapparat ab. Die fanatisch antikommunistische Berliner SPD-Justizsenatorin und Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach trat sogar für die rückwirkende Wirkung von BRD-Gesetzen gegen DDR-Bürger ein. Es kam zu einer Flut von Strafprozessen aus politischer Motivation, für viele DDR-Bürger gilt bis heute das damals eingeführte Rentenstrafrecht, d. h. Die enorme Kürzung der gesetzlichen Rente. Während das Ministerium für Staatssicherheit der DDR mit Hilfe der eigens dafür eingerichteten Bundesbehörde bis heute unentwegt dämonisiert wird, werden die komplette Post- und Telefonkontrolle westlicher Geheimdienste von DDR-Verbindungen und die jahrzehntelange systematische Überwachung von DDR-Bürgern – wie z. B. Im Fall des vorletzten Ministerpräsidenten Hans Modrow – nur wenig thematisiert. Überprüfungen für den öffentlichen Dienst auf Zusammenarbeit mit dem MfS hat die Mehrheit des Bundestages 2019 bis zum Jahr 2030 verlängert. Wer mit Sozialismus „geimpft“ wurde, hat in diesem Staat nur beschränkte Grundrechte.
Die 90er Jahre in Ostdeutschland waren der Probelauf für den reaktionären Staatsumbau der gesamten Bundesrepublik, der mit der Kriegsbeteiligung im Kosovo und in Afghanistan in Gesetzesform gegossen wurde. Den Vorwand zu Grundrechtseinschränkungen liefert der „Terrorismus“. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden die stets löchrigen Grenzen zwischen Polizei und Geheimdiensten auf „legale“ Weise aufgeweicht, der Einsatz der Bundeswehr im Innern zur Gewohnheitssache. Die Verschärfungen des Paragraphen 129 des Strafgesetzbuches erlauben größte Willkür bei der Verfolgung aus- und inländischer Verdächtiger und bei deren Aburteilung.
Die Pandemie nutzte der bundesdeutsche Staat rigoros zur Beschleunigung des Wandels zu autoritärer Herrschaft. Der Publizist Heribert Prantl kritisierte das am 18. September im Wiener „Standard“: „Die Menschen werden daran gewöhnt, dass heftige Einschränkungen der Grund- und Bürgerrechte zu den Bewältigungsstrategien einer Krise gehören – und dass das Unverhältnismäßige in Krisen als verhältnismäßig gilt.“
Was 1990 im östlichen Teil der Bundesrepublik begann, vollendet sich vorläufig 2021: Der von Rechten durchsetzte und teilweise beherrschte Staats- und Justizapparat ist außer Rand und Band geraten. Der Versuch, die DKP von den Bundestagswahlen auszuschließen, ist ein Beleg unter vielen.
Die bürgerliche Republik und ihre Verfassung sind zum Spielball der Herrschenden geworden. Wir Kommunisten kämpfen dafür, das Grundgesetz zu erhalten. Das erreichen wir nur gemeinsam mit allen aus verschiedenen politischen Lagern, die unsere Sorgen teilen. Es gilt das Wort des KPD-Vorsitzenden Max Reimann von 1949 zum Grundgesetz: „Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben!“