Nicht nur zu Wahlkampfzeiten setzt Israel auf Aggression

Vorgebliche Sicherheitsinteressen

Von Manfred Ziegler

Nach Raketenangriffen aus Gaza, bei denen ein Haus bei Tel Aviv schwer beschädigt wurde, flog die israelische Luftwaffe zahlreiche Angriffe gegen Gaza. Israelische Truppen wurden an die Grenze zu Gaza verlegt. Verhandlungen unter Vermittlung ägyptischer Geheimdienste verhinderten vorerst eine Eskalation. Dagegen griff die israelische Luftwaffe in einem weiteren aggressiven Schritt erneut Ziele in Syrien an. Diesmal traf es Aleppo, die syrische Luftabwehr konnte nur einen Teil der angreifenden Raketen abschießen.

Unterstützung fand Israel wieder einmal in den USA. Präsident Trump gab sein Plazet zur widerrechtlichen Aneignung der syrischen Golanhöhen. 1981 hatte die Knesset den Golan einseitig annektiert, im selben Jahr hatte der UN-Sicherheitsrat die Annexion für null und nichtig erklärt. Dass Trump die Annexion anerkannte, war ein Geschenk für Netanjahu im laufenden Wahlkampf. Wie die „Jerusalem Post“ berichtete, ergaben mehrere Meinungsumfragen, dass die Mehrheit der jüdischen Israelis nicht gewillt ist, den Golan an Syrien zurückzugeben – selbst wenn dies Frieden mit Syrien bedeuten würde.

Offiziell sind die USA mit Trumps Entscheidung weltweit isoliert, auch im UN-Sicherheitsrat. Doch wir können davon ausgehen, dass sich die Bestürzung bei NATO- und Golfstaaten in Grenzen hält.

Militärisch ist Israel der mächtigste Staat im Nahen Osten und sieht sich doch immer wieder bedroht. So nannte Trump die Sicherheitsinteressen Israels als einen Grund für seine Entscheidung. Behauptete Sicherheitsinteressen sind es auch, die die andauernde Blockade des Gaza-Streifens begründen. Die Proteste gegen die katastrophale Situation in Gaza, die am Grenzzaun seit einem Jahr andauern, werden mit „Sicherheitsmaßnahmen“ bekämpft. 200 Tote und mehr als 6 000 Verletzte durch Schusswaffen waren bisher die Folge. „Schockierend“, nannte es Saleh Higazi, der Direktor von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika. Es sei offenbar eine gezielte Strategie der israelischen Armee, Zivilisten zu verstümmeln.

Zehntausende Palästinenser beteiligten sich an den Kundgebungen zum ersten Jahrestag der Demonstrationen zum „Marsch der Rückkehr“. Sie gedenken am 30. März, dem „Tag des Bodens“, auch massiver Landenteignungen und sechs israelischer Araber, die am 30. März 1976 von der israelischen Polizei getötet worden waren. Beobachtet wurden die Proteste und die Aktionen der israelischen Armee von ägyptischen Vermittlern. Die israelische Armee sprach von einem „wenig gewalttätigen Verlauf“ der Demonstrationen. Dabei wurden vier Palästinenser von der israelischen Armee erschossen, mehr als 300 wurden verletzt. Darunter waren mehr als 26 Kinder, wie das palästinensische Gesundheitsministerium mitteilte.

An den laufenden Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas sind ägyptische Vermittler beteiligt. Als Ergebnis soll sich die Situation in Gaza verbessern. Katar will 40 Millionen Dollar für Treibstoffkäufe bereitstellen, Israel soll die Erweiterung der Fischereizone auf 12 Meilen und die Errichtung einer Industriezone zulassen. Die Hamas setzt große Hoffnungen auf eine Einigung, doch Israel hat den Vorschlägen noch nicht zugestimmt.

In Israel herrscht Wahlkampf, in dem Stärke gezeigt werden muss. Netanjahus Koalition um seine Likud-Partei gilt als die bisher rechteste Regierung in Israel. Ob ihr am 9. April bei den Wahlen zur Knesset ein weiterer Erfolg gelingt ist ungewiss, ebenso wie die Zukunft Netanjahus, gegen den drei Anklagen wegen Korruption anhängig sind.

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"Vorgebliche Sicherheitsinteressen", UZ vom 5. April 2019



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