85,9 Prozent der ver.di-Mitglieder bei der Post hatten sich für unbefristete Streiks ausgesprochen. Die Deutsche Post AG hatte ver.di daraufhin zu weiteren Verhandlungen aufgefordert, die Gewerkschaft kam diesem Wunsch am Wochenende nach. Die Folge: Es wird vorerst nicht gestreikt, sondern über das Ergebnis der Nachverhandlungen neu abgestimmt.
ver.di-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis lobte: „Das ist ein gutes Ergebnis, das ohne den Druck und die hohe Streikbereitschaft unserer Mitglieder nicht hätte erreicht werden können.“ Sie hob besonders die „hohe Einmalzahlung“ von 1.020 Euro im April 2023 hervor. Ihr folgen monatliche Sonderzahlungen bis März 2024. Diese Sonderzahlungen, die als „Inflationsausgleichsprämie“ und anstatt von Lohnerhöhungen von der Post bereits im ersten Angebot enthalten waren, wurden von ver.di zuvor grundsätzlich kritisiert, weil sie keinen nachhaltigen Effekt haben und somit keinen Ausgleich für die bleibend hohe Inflation bieten. Erst im April 2024 gibt es die eigentliche Lohnerhöhung: Ein tabellenwirksamer Festbetrag von 340 Euro pro Monat für alle in Vollzeit Beschäftigten. Das bedeute eine deutliche Steigerung besonders für die unteren Lohngruppen, die mit Blick auf die bereits erlittenen Reallohnverluste allerdings sehr spät kommt.
Weitere Inhalte des Ergebnisses sind: Neu eingestellte Beschäftigte haben künftig bereits nach 30 Tagen Tätigkeit einen Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt, die Zulage für die Beamte bei der Post wird in Höhe von 4,0 Prozent der individuellen Besoldung fortgeschrieben.
Die Laufzeit des Tarifangebots beträgt 24 Monate. Noch am 1. März, dem Jugendstreiktag im öffentlichen Dienst, hatte ver.di besonders hervorgehoben, dass lange Laufzeiten von über zwölf Monaten bei Tarifverträgen derzeit nicht infrage kämen, weil kaum planbar sei, wie sich die Teuerung entwickele. Das nun in der Urabstimmung zur Annahme empfohlene Verhandlungsergebnis für die Post-Beschäftigten enthält eine doppelt so lange Laufzeit. „Mit diesem Tarifergebnis wird unser wichtigstes Ziel, einen Inflationsausgleich insbesondere für die unteren Einkommensgruppen zu schaffen, nach den aktuellen Prognosen der zu erwartenden Preissteigerungsrate erreicht“, hofft Kocsis. Hinzuzufügen ist allerdings: Der bereits erlittene Reallohnverlust wird damit nicht ausgeglichen. Die Lohnerhöhungen in den Jahren 2021 und 2022 betrugen 3,0 und 2,0 Prozent.
Auch mit Blick auf die laufenden Tarifkämpfe im öffentlichen Dienst und bei den Bahnunternehmen wäre es ein starkes Signal, wenn die Beschäftigten dem nachgebesserten Angebot der Deutschen Post AG bei der Urabstimmung eine Absage erteilen würden.