Ab Ende August 2019 können aus geschäftspolitischen Gründen bei PostFinance keine Zahlungen mehr nach Kuba ausgeführt werden. PostFinance stellt den kompletten Zahlungsverkehr nach Kuba ein.“ Dies die lapidare Information seitens der Schweizer Post an ihre Kundinnen und Kunden, die eine Zahlung in den sozialistischen Karibikstaat tätigen wollten. Die Schweizer Zeitung „vorwärts“ wollte es genauer wissen, fragte bei der Medienstelle nach, die dann die Vermutungen prompt bestätigte: „Die Schließung des Zahlungskanals nach Kuba steht im Zusammenhang mit den zunehmend strengeren US-Sanktionen im internationalen Zahlungsverkehr mit Bezug zu Kuba.“
PostFinance ist nicht irgendeine Bank wie die CS oder UBS, die bereits seit Jahren ihren Zahlungsverkehr nach Kuba eingestellt haben. Sie ist eine Tochtergesellschaft der Post-Gruppe. Einziger Aktionär und somit Eigner der Post ist der Bund. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) nimmt die Eigneraufgaben für den Staat wahr. Beim Departement wusste anscheinend niemand von der Entscheidung: Das Uvek musste bei der PostFinance nachfragen, was Sache ist, wie dem „vorwärts“ vom Uvek-Pressesprecher Dominique Bugnon per Mail am 10. September bestätigt wurde. Auch die Öffentlichkeit wurde nicht informiert. „PostFinance hat gegenüber der Öffentlichkeit keine Informationspflicht über die Schließung von Zahlungskanälen in bestimmte Länder“, erklärte auf Anfrage ihr Mediensprecher Johannes Möri. Informiert wurden hingegen „besonders exponierte Geschäftskunden“. Dies erfolgte ab Mitte August, also sehr kurzfristig, zwar persönlich, aber nur verbal und mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es keine ausführliche schriftliche Begründung geben würde. Dieses Vorgehen ist – um es gelinde auszudrücken – äußerst fragwürdig, denn: PostFinance untersteht der schweizer Postverordnung (VPG) und Art. 65 sieht „die Möglichkeit der Anrufung der Schlichtungsstelle“ vor. Doch wie kann dieses Recht wahrgenommen werden, wenn keine schriftliche Begründung vorliegt? Versucht PostFinance bewusst, den Rechtsweg zu untergraben?
Aufschlussreich ist die Mailkorrespondenz mit PostFinance. So wollte ihr Mediensprecher Möri vom „vorwärts“ unter anderem folgendes wissen: „Was tut es zur Sache, dass der Bund Eigner der Post und damit indirekt auch von PostFinance ist? Sollen sich Ihrer Meinung nach Staats(nahe) Betriebe folglich nicht an Gesetze, Regulationen und internationale Sanktionen halten?“ Nun, es gibt keine internationalen Gesetze, Regulationen und Sanktionen, welche die Zahlungen nach Kuba verbieten. Dies tut einzig und allein das US-amerikanische Helms-Burton Gesetz. Das weiß natürlich auch Herr Möri, und so erklärt er in der Westschweizer Tageszeitung „Le Courrier“: „Als Schweizer Bank ist PostFinance nicht direkt amerikanischen Gesetzesregelungen unterstellt.“ In anderen Worten: Sie unterwirft sich freiwillig dem imperialistischen US-Diktat.
Der Zahlungsstopp steht auch im krassen Widerspruch zur offiziellen Haltung der Schweiz zu Kuba. Am 1. November 2018 hat die UN-Vollversammlung zum 27. Mal hintereinander mit der Stimme der Schweiz für die Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba gestimmt. Weiter ist auf der Website des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zu lesen, dass die bilateralen Beziehungen zu Kuba „gut und durch Kontinuität gekennzeichnet“ seien.
Warum wollte PostFinance ihren Entscheid möglichst unter dem Deckel halten? Warum weicht das Uvek den Fragen aus? Was steckt dahinter? Eine wichtige Antwort liefert der Nationalrat der Partei der Arbeit, Denis de la Reussille: „Leider ist mit dem neuen Bundesrat Ignazio Cassis alles möglich, auch die Anbindung an die USA, was mit seinem Vorgänger Burkhalter nicht der Fall war. Konkret geht es um das angestrebte Freihandelsabkommen mit den USA.“ Der stramm bürgerliche FDP-Liberale Cassis weiß natürlich, dass er nur dann Erfolg haben kann, wenn die Schweiz in ihrer Kuba-Politik strikt und kompromisslos so spurt, wie es die USA diktieren. Alles andere kommt nicht in Frage und so geschieht der Kniefall in vorauseilendem Gehorsam. Ganz nach dem Motto: Yes, Mister Trump, das machen wir.
Und auf Wunsch auch mehr, denn das Finanzinstitut prüft gar, ob es „Geschäftsbeziehungen mit Kunden in Kuba vollständig kappen soll“, berichtet die „Handelszeitung“ auf ihrer Website am 12. September. Die Schweiz trägt ganz aktiv zur Verschärfung der US-Blockade bei, welche die Bevölkerung auf Kuba hart trifft. Wie beschämend für ein Land, das sich so gerne auf seine humanitäre Tradition sowie auf seine Neutralität beruft und über sein Auslandsdepartement festhält: „Die Schweiz unterstützt die kubanische Gesellschaft dabei, die weitere Entwicklung des Landes friedlich, partizipativ und auf der Basis der sozialen Errungenschaften voranzubringen.“
Stark betroffen vom willkürlichen, unsinnigen und unverständlichen „geschäftspolitischen“ Entscheid ist die Solidaritätsbewegung mit Kuba.
René Lechleiter von der Vereinigung Schweiz-Cuba (VSC) sagt auf Anfrage: „Wir haben jüngst einen großen Betrag als Soforthilfe zur Beseitigung von Hurrikan- und Tornadoschäden übermittelt. Das soll ab sofort nicht mehr möglich sein? Absurd!“ Der Gemeinnützige Verein mediCuba Schweiz leistet seit 25 Jahren Solidaritätsarbeit im medizinischen Bereich. Er hält in seiner Medienmitteilung fest, dass die Organisation jetzt nicht mehr in der Lage sei, die „mit schweizerischen privaten und öffentlichen Stellen abgeschlossenen Verträge zu erfüllen“.
Was tun? Partei-der-Arbeit-Nationalrat de la Reusille wird beim Bundesrat eine Interpellation einreichen. Diese wird PostFinance zwar kaum zum Umdenken bewegen, aber immerhin den Bundesrat zu einer öffentlichen Stellungnahme zwingen. Dem schließt sich mediCuba Schweiz an und fordert weiter das Uvek auf, die „notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit Schweizer Organisationen und Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf Bankgeschäfte in Kuba ausüben können“.
Und die VSC ruft dazu auf, „Druck auf die Schweizer Regierung auszuüben, damit diese Maßnahmen unternimmt, um der Verletzung des internationalen Rechts und der Einmischung in die nationale Souveränität Kubas ein Ende zu setzen“.