Eigentlich ganz unglaublich, was sich da in Nürnberg Jahr für Jahr und nun schon wieder behauptet. In Zeiten von allgegenwärtiger Krise ist politische Beständigkeit schon etwas Besonderes. Insbesondere wenn diese Krise nicht nur Ausdruck des Kapitalismus ist, sondern die linke Szene selbst bedenklich wankt. Massenstreiks, Demonstrationen oder parlamentarische Stärke – Fehlanzeige. Keine antikapitalistische Strömung wird aktuell zum Magneten für die Unzufriedenen. Inmitten dieser düsteren Großwetterlage versucht sich Nürnberg mit Sonnenschein. Über 50 Verlage und 60 Veranstaltungen heißt aktuell: linke Großveranstaltung und verheißt Debatte um gelingende Praxis und praktische Theorie und natürlich auch schöne Literatur.
Das Eröffnungspodium am Freitag wirft die große Frage nach dem Stand der Linken auf. „Keine Vergesellschaftung ist auch keine Lösung! – oder – Was sind heute eigentlich Linke?“ Verschiedene linke Strömungen weisen ihren Weg aus dem Kapitalismus. Auch die DKP wird mit Björn Blach einen Wegweiser vor Ort haben. Daneben reihen sich anarchistische, autonome, ökosozialistische und feministische Perspektiven ein.
Ab Samstag beginnen dann stündlich fünf Veranstaltungen gleichzeitig. Hier ein paar Sonnenstrahlen aus dem Nürnberger Hochdruckgebiet:
Kategorie Betriebskampf: Der langjährige und mittlerweile verrentete Betriebsrat Manfred Jansen titelt „Ihr seid Träumer‘, sagte der Traum“- ein selbstverlegtes Buch über seinen zehn Jahre andauernden variationsreichen Kampf gegen Lohnraub, Massenentlassungen und Betriebsschließung. Die Akteure, die hartnäckig nicht klein beigeben, würden oft als Träumer bemitleidet, aber der Erfolg gebe ihnen am Ende recht. Ein Lehrbuch voller tatsächlich gemachter Erfahrungen in betrieblichen und gewerkschaftlichen Kämpfen.
Kategorie Internationalismus: Renate Koppe macht in ihrer Veranstaltung „Was passiert im Donbass?“ die Vorgeschichte des Ukraine-Krieges zum Thema, das hierzulande lieber nicht behandelt wird. Verschwiegen wird dabei, dass die Ukraine seit 2014 einen blutigen Krieg gegen den Donbass führt. Die Wochenzeitung UZ begleitet die Volksrepubliken des Donbass seit ihrer Gründung mit regelmäßiger Berichterstattung, häufig von vor Ort. Von diesen Erfahrungen der Besuche wird in der Broschüre „Die Wahrheit über den Krieg“ berichtet.
Kategorie Antifaschismus: Andreas Löhrer ist „Auf den Spuren eines Partisanenliedes“ unterwegs. „Bella ciao“ ist ein weltweit bekanntes Lied. In Italien wird es jedes Jahr zum 25. April gesungen, dem Jahrestag der Befreiung von der Besatzung durch die Wehrmacht und von der faschistischen Herrschaft unter Mussolini.
Kategorie Internationalismus II: Zu dritt wird gefordert „Cuba sí, Bloqueo no!“ Neben der Vorsitzenden der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Petra Wegener, werden Vanja Vrac und Sebastian Mihm von ihren jüngsten Erfahrungen ihres Kuba-Aufenthalts berichten.
Kategorie revolutionärer Nachwuchs: In diesem Jahr lädt die sozialistische Kinder- und Jugendorganisation „Die Falken“ mit einer Leseecke besonders Kinder ein, spannende Bücher zu entdecken und selbst in einer Schreibwerkstatt loszulegen.
All das in echt, Farbe und toller Atmosphäre ist dann Anfang November in Nürnberg zu erleben.
Linke Literaturmesse
3. bis 5. November
Freitag ab 19 Uhr, Samstag 10–21 Uhr, Sonntag 10–15 Uhr
Künstlerhaus Königstraße 93, Nürnberg
linke-literaturmesse.org