Martialisch der Titel, bekannt die Besetzung, brutal die Prämisse:
In einem Waldareal im Süden der USA tritt an einem Leuchtturm ein vermutlich magnetisches Feld auf, das sich immer weiter vergrößert. In diesem Feld mutieren Pflanzen wie Tiere, alles verliert seine Ordnung, Forscherinnen, Forscher und Militärtrupps, die bisher zur Untersuchung reingeschickt wurden, kamen nicht mehr zurück. Ausnahme ist der Elitesoldat Kane, der halbtot zurückkehrt (und vielleicht auch gar nicht er selbst, das heißt sein Ich ist) und der seiner Ehefrau Lena (Natalie Portman), einen ungeheuren Schrecken einjagt, als er plötzlich aus diversen Körperöffnungen blutet.
Es kommt, wie es kommen muss: Die US-Regierung greift sich Kane und isoliert ihn mitsamt Lena, die wiederum nur halb zufällig auf eine Gruppe von Forscherinnen trifft, die nun losziehen, um ebenfalls das Feld zu untersuchen. Es folgen Mutanten oder Aliens, kleinere und größere Tragödien, und am Ende steht alles mindestens so schief und in Frage wie am Anfang – allerdings anders. Ist am Anfang noch die Frage, was dieses Feld überhaupt ist und warum alle darin sterben, so kommt doch am Ende mehr die Frage in den Mittelpunkt, was eigentlich in den letzten 115 Minuten passiert ist, wer überhaupt noch lebt, warum dieses verfluchte Krokodil so viele Zähne hat, der Bär sprechen kann und aussieht wie aus dem Cthulhu-Mythos ausgebrochen, wer nun wer ist, kurz: Nothing is certain.
Die plattestmögliche und vielleicht deshalb nicht ganz unzutreffende Deutungshypothese könnte sein: Es soll der Klimawandel verfremdet werden, die Natur rächt sich am Menschen (reaktionär zwar die Prämisse, aber was soll man tun). Da dieser Punkt dann aus dem Weg wäre, könnte man sich die Details ein bisschen genauer anschauen, denn was wird denn da gezeigt? Zig Menschen werden auf mehr oder weniger freiwilliger Basis auf eine Selbstmordmission in ein unerforschtes Gebiet mit Killerviechern geschickt, die Öffentlichkeit wird nicht informiert und alles in einem nimmt der Weltuntergang, der dann vielleicht doch nicht kommt, in den USA seinen Lauf. Also in den Resten des imperialistischen Zentrums, die nach rund 70 Jahren globalem Rumgeballer und Weltzerstörung und dadurch Wiederaufbaudienstleistungen (unter Beteiligung wechselnder weiterer Weltzerstörungsenthusiasten) übrig blieben. Weltzerstörung passiert unterschiedlich – das wird besonders dann klar, wenn Natalie Portman mit ihrem eigenen Doppelgänger in einer sehr manischen, sehr psychedelischen, leicht albtraumhaften und überraschend langen Szene im verlassenen Leuchtturm eingesperrt ist und aus dieser mit Sicherheit beeindruckenden Erfahrung in der späteren Befragung durch die Armee den Schluss zieht, die Aliens, oder wer auch immer für das Feld verantwortlich ist, wollten nichts zerstören, nur neu gestalten.
Parallelen zu Gegenspielern der NATO auf globaler Ebene, die die USA offensichtlich stark verunsichern, sind rein zufällig und haben nichts damit zu tun, dass bei Erscheinen des Films 2018 immer klarer wurde, dass an der sogenannten „unipolaren Weltordnung“, das heißt die Rolle der USA als vermeintlich durchsetzungsfähigster Staat auf Weltebene, eigentlich so viel gesägt wird, dass man die Rolle des Hauptkriegstreibers als Bezeichnung doch noch passender finden muss – Raubtiere, die in die Ecke gedrängt werden, schlagen um sich. Und so ist dieser Film so offen (und auch ein bisschen beliebig) für Deutungsansätze, dass es müßig wird und man sich szenenweise doch lieber von Portmans tougher und durchsetzungsfähiger Performance, von den wunderschönen und traumhaften (im guten wie im bösen) Landschaftsbildern und der eigenen Logik dieser Welt beeindrucken lässt, bei der man am Ende doch nicht weiß, ob und was sie war.
Auslöschung
Regie und Drehbuch: Alex Garland
Unter anderem mit: Natalie Portman, Jennifer Jason Leigh, Benedict Wong
Abrufbar bei Netflix