Spannende Lektüre von Christiane Barckhausen

Von Mut und Handeln

Wenn ein Buch „Begegnungen in der Welt und in Berlin“ als Untertitel trägt, denkt man nicht augenblicklich an spannende Lektüre, sondern eher an Erzählungen von jemand, der der Welt weniger von Begegnungen als vielmehr von seinen vielen Reisezielen mitteilen möchte. Die Autorin des bemerkenswerten Taschenbuchs „Was bleibt“, Christiane Barckhausen, ist über diesen Verdacht erhaben.

Die gelernte Spanischdolmetscherin schreibt seit mehr als vier Jahrzehnten Texte und Bücher und erhielt dafür neben dem Literaturpreis des Demokratischen Frauenbunds Deutschlands, des DDR-Frauenverbandes, auch den Literaturpreis der „Casa de las Américas“ in Havanna. Zudem hat sie sich in der DDR und der BRD als Expertin der revolutionären Fotografin Tina Modotti einen Namen gemacht.

Die „Begegnungen“ sind zwölf Erzählungen, die auf ihren Reisen nach Lateinamerika in den sechziger bis achtziger Jahren entstanden sind. Mal beschreibt sie die Lage der mexikanischen Bauern, dann die Situation im nicaraguanischen Befreiungskrieg gegen den Somoza-Clan oder die revolutionären Kämpfe in El Salvador. Oder sie erzählt von ihrer Freundschaft zum kubanischen Milizionär Roger, der bei der Verteidigung seiner Revolution in der Schweinebucht schwerstverletzt wurde. Auch ein Rückblick auf den Spanischen Bürgerkrieg, vermittelt durch ein Gespräch mit der alten Genossin Flor, das sie fünfzig Jahre nach den Geschehnissen in Madrid geführt hat, fehlt nicht in diesem Band.

Gemeinsam ist den Beschreibungen die Lebendigkeit und die Zugewandtheit, mit der Christiane Barckhausen Personen (er)leben lässt, deren Kämpfe wir damals in DDR und BRD aus der Ferne mit ehrlicher Sympathie begleitet haben – und die wir heute häufig als polit-moralischen Ersatz für die scheinbare Erfolglosigkeit unseres Eingreifens in einem imperialistischen Hauptland begreifen müssen. Sie unterlässt es in den Geschichten über die einfachen Leute, den großen politischen Bogen zu beschreiben, der den gelungenen und den gescheiterten Umwälzungen in den lateinamerikanischen Ländern zugrunde lag – denn natürlich konnte sie davon ausgehen, dass ihr DDR-Lesepublikum darüber anderweitig ohnehin umfassend informiert war.

Darin liegt im Rückblick vielleicht die Stärke der Erzählungen: Christiane Barckhausen konzentrierte sich auf die handelnden Personen; ihren Mut, ihre Sorgen, ihre Schwächen und ihre Stärken. Es ist dieser andere, konkrete Blick auf ein Stück Weltgeschichte, der vom Glauben und der überzeugten Richtigkeit des Tuns zeugt, der diesen Band so lesenswert macht. „In ihnen steckt die Glut, die wieder zu entfachen ist“, nennt es der Verlag treffend auf dem Buchdeckel.

Christiane Barckhausen
Was bleibt
Begegnungen in der Welt und in Berlin

Arbeiterlogik, Berlin
Taschenbuch, 149 Seiten, 12,– Euro
Erhältlich unter uz-shop.de

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Von Mut und Handeln", UZ vom 23. September 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit