Mehr als 50 Polizisten, Mitarbeiter der Ausländerbehörde und des Ordnungsamts haben am 29. Januar in den frühen Morgenstunden eine Großrazzia im Duisburger Stadtteil Neumühl durchgeführt. Sie „inspizierten“ 51 Wohnungen in einem Wohnblock, der überwiegend von Menschen aus Rumänien und Bulgarien bewohnt wird.
Gegen 17 Personen sei Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs respektive Einmietbetrugs erstattet worden, berichtete die WAZ. Eine Person sei zwecks Identitätsfeststellung in Polizeigewahrsam genommen worden. 53 Menschen erwarte eine „ausländerrechtliche Anhörung“ durch die Ausländerbehörde. Die Stadt prüfe, ob sie dort gemeldete Bewohner, die während der Razzia nicht angetroffen wurden, von Amts wegen abmelde. Eine Meldesperre für den Wohnblock hatte die Stadt bereits im Herbst erlassen.
Vorgeblich richtete sich die Razzia gegen Betrüger, die illegal Wohnungen vermieten. Nachbarn sollen von Einzügen in jüngerer Zeit berichtet haben. Der Wohnungseigentümer MVGM hingegen behauptet gegenüber der Stadt Duisburg, seit Sommer vergangenen Jahres keine Mietverträge mehr abgeschlossen zu haben. Ordnungsdezernent Michael Rüscher erklärte gegenüber lokalen Medien, die Polizei nehme Personalien auf und ermittle dann. Erklärtes Ziel sei es, an Hintermänner zu kommen, die illegal Miete kassierten.
Der Duisburger Wohnungsmarkt ist angespannt. Vor allem für Migranten ist es schwer, Wohnraum zu finden. Sie fallen immer wieder Betrügern zum Opfer, die hohe Schwarzmarktpreise für heruntergekommene Wohnungen kassieren.
Die Polizei, dein Freund und Beschützer vor gierigen Kriminellen? Diese Lesart entspricht offenbar nicht der Absicht der Stadt Duisburg. So sagte Oberbürgermeister Sören Link (SPD) gegenüber der WAZ: „Wir dulden es nicht, dass sich Menschen Wohnungen illegal unter den Nagel reißen, ihr Umfeld vermüllen und so das Leben anderer schwer machen. Das werden wir ändern. Mit der heutigen Meldekontrolle gehen wir den nächsten Schritt und machen sehr deutlich, dass so ein Verhalten Konsequenzen hat.“
Darauf macht auch Polina Monolova aufmerksam. Sie engagiert sich in der von bulgarischen Migranten gegründeten Initiative Stolipinovo in Europa, die gegen Ausbeutung und strukturelle Diskriminierung von Migranten kämpft und sich für soziale Rechte einsetzt. „In diesen Widerspruch verheddert sich die Stadt immer wieder“, berichtet sie im UZ-Gespräch. „Ihr Fokus liegt auf Migranten, die die Stadt zu kriminalisieren versucht.“ Die Razzia sieht sie als PR-Aktion des Bürgermeisters. Der wolle Anwohner beruhigen, die im vergangenen Oktober vor dem Rathaus gegen die Zustände in dem Wohnblock demonstriert hätten. Es sei aber der Eigentümer, der die Wohnungen verwahrlosen lasse.
Bürgermeister Link fällt immer wieder mit rassistischen Äußerungen auf. Auf einer kommunalpolitischen Konferenz der SPD im September 2015 sagte er: „Ich hätte gerne das Doppelte an Syrern, wenn ich dafür ein paar Osteuropäer abgeben könnte.“
MVGM kündigte an, Bewohner ohne gültigen Mietvertrag räumen zu lassen. Michael Rüscher erklärte gegenüber WAZ, der Einsatz am 29. Januar sei nur ein Auftakt gewesen. Weitere Razzien sollen folgen.