Ministerium mit weitreichenden Plänen Geld auszugeben

Von der Leyen baut aus und vor

Von Frank Schumacher

Ob Planung, Projektierung oder Beschaffung, egal wo und wobei, das Bundesverteidigungs-Ministerium ist jederzeit in der Lage, dabei in einen ordentlichen Skandal zu geraten. Wem fällt nicht bei dem Transportflugzeug A400M, beim Sturmgewehr G36 oder bei oder EuroHawk-Drohne auf, dass keine dieser Anschaffungen ohne eine handfeste Fehlplanung abliefen.

Die neueste Idee der Ministerin sind nun externe Berater aus den allseits beliebt und berüchtigten Firmen, als da wären Ernest & Young, PriceWaterHouse Coppers oder KPMG. Rund 100 Millionen will die Dame in die Hand nehmen, um künftigen Imageschäden für ihr Haus zu begegnen. Von Interessenkonflikten will man nichts wissen, obwohl gerade diese Firmen gerne und ausgiebig die Rüstungsindustrie beraten und nur wer völlig blauäugig ist, glaubt der Beteuerung, die Berater arbeiteten ja nur auf Zeit und ausschließlich unterstützend.

Die genannte Summe, die für solch ein Netzwerk (vielleicht auch für Seilschaften) genannt wird, ist gewürfelt und wird nie und nimmer ausreichend sein. Allein zwischen KPMG Deutschland und Airbus/EDAS flossen mehr als 50 Millionen Euro für Beratung und Testierung im Zusammenhang mit dem Drohnenprojekt Triton, dass dabei dem Ministerium genau diese Mörderwaffe empfohlen wurde, ist einleuchtend bei solchen Zahlungen. Auch personell gibt es Verbindungen, gleich mehrere Top-Manager wechselten in den vergangenen Jahren von KPMG in die Rüstungsindustrie oder umgekehrt. Solche Projekte, wie die oben genannten und in nächster Zukunft anstehenden, werden mit diesen läppischen 100 Millionen nicht realisiert werden. Ursula von der Leyen will schließlich rund 130 Milliarden zusätzlich für ihren Etat bekommen, da wollen sich doch die Beratungsunternehmen ein gutes Stück vom Kuchen abschneiden.

Cyber-War ist der Krieg der Zukunft

Mit solch martialischen Sprüchen wird an anderer Stelle aufgerüstet. An der Hochschule der Bundeswehr in München wird eine neue „Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich“ eingerichtet, in der ersten Planung sind 120 Stellen in Aussicht gestellt. Man ist der Meinung, dass bevor in einem Konflikt der erste Schuss fällt, die Waffen- und Radarsysteme, die Kommunikationsmittel und auch die Energieversorgung des Gegners lahm zu legen sind. Um die eigenen Strukturen effizient und aktiv zu schützen, muss sowohl der Charakter des Angriffs als auch die Identifizierung des Angreifers rechtzeitig erkannt werden.

Über die finanzielle Größenordnung hüllt man sich noch in Schweigen, aber das Ganze wird nicht ohne einen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr zu machen sein.

Es ist also eine reine Verteidigungsmaßnahme, denn die Bundesrepublik wird halt an vielen Schauplätzen dieser Welt angegriffen, sei es in Afghanistan, in Mali, auf hoher See and so on. Die Universität der Bundeswehr München ist bei der Cyber-Defence führend tätig, viele Bedrohungen werden laut Ministerien noch immer unterschätzt. Solche und ähnliche Sprüche und darauf aufbauende Szenarien dienen dazu, die weitere Hoch- und Aufrüstung aller Dienste zu begründen, das Ministerium des Herrn de Maizière ist auch dabei, denn schließ- und endlich steht der eigentliche Feind im eigenen Land, die fortschrittlichen und demokratischen Kräfte, die es gilt zu überwachen und falls nötig und gewünscht lahmzulegen.

Einzelfälle oder Korpsgeist?

Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, richtete eine Anfrage an das Bundesverteidungs-Ministerium zum Thema rechtsex­tremer Straftaten in der Bundeswehr. Die Antwort überrascht nicht: Waren es im Jahr 2016 laut dem MAD (Militärischer Abschirmdienst) insgesamt 230 Verdachtsfälle, so sind es in diesem Jahr bereits jetzt 275 solcher Vorfälle.

Da diese rechtsextremistischen bis hin zu faschistischen Vergehen oftmals nicht nur von einer Person begangen werden, muss man die Zahl daran Beteiligter deutlich höher ansetzen.

Es sind also nicht, wie verharmlosend dargestellt, einige Einzelfälle, sondern eine Entwicklung, die durch das unverantwortliche Gerede vom größeren und aktiveren Einsatz der Republik zur Mitgestaltung der Weltpolitik, wodurch frühere Träume vom „deutschen Wesen, an dem die Welt genesen soll“, wieder Auftrieb finden. Gleichzeitig findet der Wunsch nach Abschottung, nach sicheren Grenzen, nach Abwehr und Abschiebung von Geflohenen aus Kriegsgebieten, an denen auch diese Bundeswehr ihren Anteil hat, Nahrung in der Truppe, die sich im alten Korpsgeist findet. Die Ministerin zeigt sich, wenn ein Vorfall öffentlich wird und besonders ekelhaft ist, pflichtgemäß empört und verspricht rasches Handeln, in den meisten Fällen gibt es Geldstrafen, solche Soldaten haben weiterhin Zugang zu Waffen. Dem ideologischen Gebräu, was dort wabert und dem die praktische Politik der Regierung nichts entgegensetzt, werden die Zutaten nicht genommen, es wird also eher noch giftiger.

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"Von der Leyen baut aus und vor", UZ vom 21. April 2017



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