Der Lürssen-Konzern macht mit Kriegsschiffen und Luxusyachten ein gutes Geschäft

Von der Krise hart getroffen?

Nordmetall ist Vorreiter in der aktuellen Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie. Der Verband vertritt etwa 240 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern sowie im nordwestlichen Niedersachsen. Am 18. Januar ging Nordmetall in die zweite Verhandlungsrunde mit der IG Metall, die allerdings nicht lang dauerte.

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Die Positionen liegen bisher weit auseinander. Während die Gewerkschaft für die rund 140.000 Beschäftigten Forderungen im Volumen von vier Prozent bei einer Tariflaufzeit von zwölf Monaten vorgebracht hat, lehnt Nordmetall höhere Löhne bisher ab.

Verhandlungsführerin der Nordmetall ist Lena Ströbele, Geschäftsführerin der Bremer Lürssen-Gruppe. Sie trat nassforsch auf, indem sie bereits lange vor der ersten Verhandlungsrunde im November 2020 – nachdem die IG Metall ihre Forderung von 4 Prozent bekanntgegeben hatte – verkündete: „Die Forderung stößt auf ungläubiges Staunen und in dieser zugespitzten Form auch auf klare Ablehnung.“ Es sei „absurd“, so Stöbele, „angesichts der Corona-Krise höhere Löhne zu fordern oder Teile davon mit einer Vier-Tage-Woche zu verrechnen und dies als Beitrag zur Beschäftigungssicherung zu verkaufen.“ Besonders betroffen von der Krise sei in Norddeutschland der Schiff- und Luftfahrzeugbau, jammerte sie.

Dass dies für ihr eigenes Unternehmen gilt, mag man beim besten Willen nicht glauben. Denn die zum Lürssen-Konzern gehörenden Werften bauen Schiffe und einer der größten Kunden ist die Bundesregierung. Diese hat den Lürssen-Konzern mit dem Bau von wesentlichen Elementen der fünf neuen Kriegsschiffe (Korvetten K130) beauftragt, die ab 2021 ausgeliefert werden sollen. Ein weiterer Großauftrag in Höhe von 135 Millionen Euro aus dem Verteidigungsministerium ist der Wiederaufbau des Marineschulschiffs „Gorch Fock“. Ursprünglich waren dafür 10 Millionen Euro vorgesehen. Die Bundesregierung ist also ein „guter“ Kunde, der Mehrkosten mehr oder weniger klaglos hinnimmt. Schließlich übernimmt die Arbeiterklasse in Form von Steuern die Zeche.

Im Oktober 2020 erteilte die Bundesregierung Lürssen außerdem die Exporterlaubnis von neun Patrouillebooten an Ägypten. Weitere Rüstungsaufträge erhält Lürssen zum Beispiel von Saudi-Arabien. Auch der Kronprinz des Landes Mohammed bin Salman kauft ganz gerne bei den Werften dieses Konzerns. Neben Kriegsschiffen bauen diese nämlich Luxusjachten, und zwar nur solche vom Feinsten. Ein Meter Luxusjacht kostet über den Daumen gepeilt eine bis zwei Millionen Euro. Laut Bildzeitung hat sich der Prinz bei der Werft gerade eine rund 160 Meter lange und 23 Meter breite Superjacht für 300 Millionen bestellt.

Schlecht dürfte es um Lürssen also nicht stehen. Doch die Eigentümerfamilie Lürssen schweigt, wenn es um ihr Geld und ihr Eigentum geht. Finanzberichte liegen also nicht vor.

Andere Werften, die zu Nordmetall gehören, geht es nicht so gut. Zu ihnen gehört die Meyer Werft, die unter dem Wegbrechen des Kreuzfahrt-Tourismus und der dafür erforderlichen Schiffe leide. Bezahlen sollen es die Beschäftigten. Sie haben bereits akzeptiert, kürzer zu arbeiten, dennoch will die Geschäftsführung bis zu 1.800 Stellen streichen. Das Land Niedersachsen hilft der Werft seit Jahren insbesondere durch die Bereitstellung von Infrastrukturen in dreistelliger Millionenhöhe, damit die Werft ihre Schiffe ausliefern kann. Dies alles, obwohl die Werft „um Mitbestimmungsrechte auszuhebeln und Steuern zu reduzieren, 2015 in die Steueroase Luxemburg geflüchtet ist“, wie die IG Metall seinerzeit mitteilte.

Auch der von Ströbele erwähnte „hart betroffene Luftfahrzeugbau“ steckt bei weitem nicht in der Krise, sie ist herbeiphantasiert. „Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat das Corona-Jahr besser gemeistert als zunächst angenommen. Zwar wird das Unternehmen weiterhin tausende Stellen streichen. Doch unter dem Strich wuchs das Bestellbuch um fast 270 Aufträge“, meldete zum Beispiel „ntv news“ am 8. Januar.

Fazit: Die Beschäftigten der Metall- und Elektrobranche sollten sich von den Märchentanten und -onkels des Kapitals nicht einlullen lassen.


Das Kapital im Blick

„Es gibt nichts zu verteilen in unserer Industrie“ – mit dieser Ansage von Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf geht das Kapital in die Verhandlungen zur Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie. Die Forderungen der IG Metall würden „völlig aus der Zeit“ fallen, so Wolf. Schließlich sei Corona und Krise, es gebe Produktionsrückgänge und steigende Arbeitskosten.

Unser Autor Stefan Kühner hinterfragt diese Aussagen und schaut konkret, wie es um die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie bestellt ist. Kühner ist Autor von „Neue Technik, Neue Wirtschaft, Neue Arbeit?“, erschienen bei PapyRossa.

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"Von der Krise hart getroffen?", UZ vom 29. Januar 2021



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