Ein heftiger Wirbelsturm rettete USA-Präsident Joe Biden – vorläufig – vor einer öffentlichen Blamage. Eigentlich hatte der „mächtigste Mann der Welt“ zu einem Kriegertreffen nach Ramstein eingeladen, bei dem über die Fortführung des Krieges in der Ukraine geredet werden sollte. Ja, es geht ausschließlich um Krieg, nicht etwa um die Suche nach Wegen zum Frieden. Gegenstand sollte ein angeblicher „Plan“ des ukrainischen Staatschefs Selenski sein, der zunächst unter dem Namen „Friedensplan“ durch den Blätterwald der westlichen Welt geschickt wurde. Schließlich wurde er in „Siegesplan“ umgetauft. Was dieser „Plan“ konkret beinhaltet, wurde nie erklärt. Im Kern geht es darum, den Krieg in der Ukraine weiter toben zu lassen. Selenski fordert dazu in jeder seiner abendlichen Video-Shows im ukrainischen Einheitsfernsehen immer stärkere Waffen, immer neue Munition und immer mehr Geld. Angeblich will er „Russland an den Verhandlungstisch zwingen“. Er vergisst zu erwähnen, dass er selbst per Dekret jegliche Verhandlungen verboten hat.
Nun ist es allerdings Fakt, dass auch die treuesten Unterstützer des Krieges gegen Russland ihre Waffen- und Munitionsdepots für die Ukraine und auch für die „Selbstverteidigung Israels“ weitgehend geleert haben. Die Waffenschmieden kommen mit der Produktion nicht mehr nach, die Mitgliedsländer der sogenannten „Munitionsinitiative“ sind nicht nur ratlos, sondern sehen sich sogar Kritik aus Kiew wegen mangelnder Qualität der Granaten ausgesetzt und streiten wie die Kesselflicker über Anzahl und Preis der zu liefernden Munition.
Joe Biden hatte Selenski schon im September mit dessen Flehen um Erlaubnis zum Angriff auf nur mit westlichen Waffensystemen angreifbare Ziele in Russland abblitzen lassen. Was also wollte man in Ramstein besprechen? Ganz gewiss sollte es nicht um die Initiative Chinas und Brasiliens gehen, der sich bei der UNO-Generalversammlung weitere Länder angeschlossen hatten. Die wurde von Selenski barsch zurückgewiesen. Er wolle nur Pläne zu einem Frieden anerkennen, die auf den Prinzipien der UNO-Charta beruhen, ließ er wissen. Die Crux besteht allerdings darin, dass die Friedensinitiative Chinas im ersten Punkt genau auf die Prinzipien der UNO-Charta verweist und sie zur Grundlage jeglicher Wege zum Frieden macht – und auch zur Grundlage des Sechspunkteplans Chinas und Brasiliens vom 23. Mai. Auf diesen beruft sich auch die Gruppe der „Freunde des Friedens“, zu der nun unter anderem Algerien, Ägypten, Mexiko, Kolumbien, die Türkei, Indonesien und Kenia gehören, also einige Staaten, die durchaus Erfahrungen bei der Lösung und Beendigung militärischer Konflikte aufweisen können.
Das „Ramstein-Format“ der Freunde des Krieges ist zunächst einmal vom Winde verweht – ob es noch einmal auferstehen kann, ist ungewiss. Aus Kiew kam die Nachricht, dass auch der für November geplante zweite „Friedensgipfel“ auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Damit schält sich immer deutlicher heraus, dass die Freunde des Friedens die besseren Ideen haben. Die UNO ist sicher nicht perfekt, aber zur Lösung von Problemen von globaler Bedeutung gibt es nun mal keinen besseren Ort.
Bei diesem Krieg in der Ukraine, bei dem es – ebenso wie bei dem im Nahen Osten – keinen Sieg mit militärischen Mitteln geben kann, ist es höchste Zeit, den richtigen Weg zu Verhandlungen zu finden. Es geht nicht darum, sich für oder gegen die eine oder die andere Seite zu positionieren, sondern sich auf die Seite des Friedens zu stellen, im Interesse der Vermeidung eines noch größeren Krieges.