In Essen nahm der „Circus Bankrotti“ die Politik der Herrschenden aufs Korn

Volles Haus für Frauenrechte

Die Veranstaltung zum Internationalen Frauentag der DKP Essen hat lange Tradition – für die DKP in Essen und im ganzen Bezirk, aber auch für viele parteilose Gäste und Bündnispartner. Der Frauenarbeitskreis der Essener DKP gestaltet die Veranstaltung zum Kampftag der Frauen mit einem selbsterarbeiteten Programm und Laiendarstellerinnen.

Mit „Manege frei für Absurditäten, Obszönitäten und Kuriositäten“ hatten die Veranstalterinnen das Programm beworben, und knapp 200 Besucherinnen und Besucher fanden den Weg zur Matinee in die Essener Zeche Carl.

Siw Mammitzsch eröffnete die Veranstaltung und machte die politischen Rahmenbedingungen deutlich, unter denen der Internationale Frauentag in diesem Jahr stattfindet: Die Hochrüstung der Bundesrepublik setzt große Teile der Bevölkerung unzumutbaren Belastungen aus.

Im Anschluss kündigt die großartige Zirkusdirektorin den ersten „Stargast“ an: Alice betritt die Bühne, bekommt von einem Boss Geld zugesteckt, verhöhnt die etablierten Parteien und preist sich als „Alternative“, die Heartfield-Montage „Millionen stehen hinter mir“ wird an die Bühne projiziert. Das Publikum ist offensichtlich unsicher, die schauspielerische Leistung mit Applaus zu bedenken oder die Inhalte auszubuhen – das wird sich auch im späteren Programm noch wiederholen. Doch am Ende des Auftritts wird alles gut, der Clown jagt die Vertreterin der Rechten von der Bühne.

Als zweites Highlight betritt die „großartige Annalena“ die Manege und verlautet auf einem Trampolin. „Man wird ja überall erkannt. Ich bin es ihre Außenministerin. Komm vom Staatsbesuch und gleich auch wieder auf dem Weg in den Flieger.“ Sie rühmt sich ihrer Medaillen von Trampolin bis Kriegsunterstützung in der Ukraine und einigem mehr. Nach ihrem Abgang der Clown: „Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm, bei Annalena ist es andersrum!“

Nach der Pause überbringt Caren von der SDAJ die kämpferischen Grüße des sozialistischen Jugendverbandes. Sie bekommt stürmischen Applaus für ihre authentische Rede, in der sie Mut macht für die Kämpfe, die noch ausstehen für die Befreiung der Frauen und der gesamten Arbeiterklasse.

Im „Circus Bankrotti“ folgt der Auftritt der „allerstärksten Frau der Welt“: „Die Regierung!“ Im Body, Röckchen, Gürtel, Knieschoner, Handtuch im Nacken wird erst die Assistentin hochgehoben, beim Zirkusdirektor zwinkernd davon Abstand genommen. Gestemmt werden sollen von der Regierung alle Rettungspakete, was auch gelingt, aber der Direktor macht deutlich, zu wessen Lasten das geht. Luftnummern werden entlarvt: „Energiepreisbremse, steckt schon auf der Stange, weil die ja schon nicht mehr gilt. Bürgergelderhöhung, aber wir stellen sicher: kein Geld für Faule! Das 9-Euro-Ticket – nein, ich erhöhe sogar auf 49-Euro-Ticket! 400 000 neue Wohnungen pro Jahr – wir wissen zwar noch nicht in welchem Jahr – aber immerhin! Senkung der Mehrwertsteuer – ach nein, die nehmen wir doch wieder zurück. Aber hier kommt das ,Starke-Familien-Gesetz‘ und das ,Schöne-Worte-Gesetz‘ oder auch das ,Verkauf-mich-für-doof-Gesetz‘.“

Zwischen den Nummern gibt es im „Circus Bankrotti“ immer wieder kleine Einschübe der Drehorgelfrau. Sie erinnert zum Beispiel an Brecht, der sinngemäß sagte: „Klage ich die Armut an, bin ich ein Heiliger, frage ich, woher die Armut kommt, bin ich ein Kommunist.“

Finanzminister Christian Lindner hat bekanntlich andere Positionen, im „Circus Bankrotti“ präsentiert er sie als Alchimist. Und macht deutlich, was er zum Beispiel von Alleinerziehenden hält. „Wir wollen ja nicht zusätzliche Anreize bieten, sich nicht um Arbeit zu bemühen. Es ist ja eine beklagenswerte Tatsache, dass die Erwerbsbeteiligung von Alleinerziehenden trotz Ausbau der Betreuungsinfrastruktur gesunken ist. Deshalb werden wir die Bedingungen, Leistungen zu beziehen, erschweren.“ Wie bei den anderen Punkten ist das nicht der Phantasie des Frauenarbeitskreises entsprungen. Die Nummer des Alchemisten besteht zu 90 Prozent aus Zitaten des echten Finanzministers.

Als letzten Programmpunkt begeisterte Agnes Flak-Zimmermann das Publikum. „Bis vor kurzem war ich noch Mitglied des Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik e. V., Bonn, und im Präsidium des Förderkreises Deutsches Heer e. V. (FKH), Bonn. Warum jetzt nicht mehr? Na, diese Leute von Lobby Control waren doch echt der Meinung, dass diese Vereine von der Rüstungsindustrie stark beeinflusst sind. So ein Quatsch!“

Die Show, da war sich wohl das Publikum einig, war gelungen, trotz der politischen Großwetterlage machte sie Spaß und Mut zu kämpfen. Zum Abschluss brachten die Aktivistinnen noch einmal ihre Ziele auf die Bühne: Für Sozialismus und Frieden, für Umweltschutz und Frauenrechte, für Brot und Rosen.

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"Volles Haus für Frauenrechte", UZ vom 15. März 2024



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