Das war in einer Vollversammlung der Vereinten Nationen neu: Die Drohung, ein Land „völlig zu vernichten“. Donald Trump sprach sie in der vorigen Woche gegen Nordkorea aus. Die Delegierten, Außenminister und Regierungschefs des ganzen Globus mussten mit anhören, wie der Vertreter des gastgebenden Landes einem anderen mit Krieg und Völkermord drohte. In dieser Brutalität hat es das in der UNO seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht mehr gegeben. Allerdings ist Korea, ganz besonders der Norden, von den USA schon einmal fast völlig zerstört worden. Damals zu allem Übel auch noch unter der Tarnflagge der UNO selbst.
Die Rhetorik Donald Trumps ist besonders widerwärtig, die Praxis von Krieg und Zerstörung aber hat sich nicht geändert. Trumps Vorgänger Barack Obama hat den Krieg und die Zerstörung der Staaten im Nahen Osten intensiviert. Er hat es zur US-Praxis gemacht, ohne erklärten Krieg Menschen von Drohnen umbringen zu lassen. Obamas Außenpolitik war nicht weniger aggressiv gegenüber den nicht botmäßigen Staaten der Welt. Aber sie ging mit einer anderen Strategie einher. Der Unterschied zu Bush, dem Vorgänger, und zu Trump, dem Nachfolger, bestand darin, dass er den verbündeten Imperialisten erklärtermaßen und bereitwillig den Vortritt bei Krieg und Zerstörung ließ. Frankreich, Italien und Britannien durften und sollten den Regime Change in Libyen beginnen, um das Land und seine Ölquellen wieder in den Griff der Ölkonzerne zu bekommen. Es bedurfte dann noch der militärischen Hilfe aus den USA, um diesen Krieg zu gewinnen und das nordafrikanische Land zu einem „failed state“ (kaputten Staat) zu machen. Unter Obama schien in der US-Regierung die vermutlich realistische Einschätzung zu bestehen, dass die Weltvorherrschaft der USA ohne eine stärkere Mobilisierung der NATO-Staaten, Japans und der anderen Verbündeten nicht auf Dauer aufrechtzuerhalten sein würde. Deshalb wurden diese auch energisch aufgefordert, in noch stärkerem Ausmaß Kriege und Rüstung zu forcieren. Letztere Politik setzt Trump unvermindert fort. In den diplomatischen und politischen Beziehungen wird unter Trump allerdings nicht mehr der höfliche Schein der Gleichberechtigung gewahrt.
Donald Trump mag als Präsident von den herrschenden Kreisen in den USA so nicht geplant worden sein, die Aggressivität seiner Außenpolitik entspricht aber ganz sicher der des politischen Mainstream. Kritisiert wird Trump außenpolitisch vorwiegend von rechts. Seine aggressivsten Aktionen fanden dagegen Beifall. Senat und Repräsentantenhaus beschließen höhere Aufrüstungsbudgets als vom Weißen Haus gefordert und härtere Sanktionen gegen Russland, Syrien und andere „Schurkenstaaten“.
Trumps vor der UNO-Vollversammlung gemachte Drohung, aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen, hat unter den Verbündeten besonders Deutschland aufgeschreckt. Gerade eben erst kommen die Geschäfte mit dem Iran wieder in Gang. Sie liefen einst blendend – vor den von Washington befohlenen Sanktionen. Noch ärgerlicher für die deutsche Kapitalistenklasse sind die vom US-Parlament beschlossenen Sanktionen gegen Unternehmen, die Geschäfte mit Russland machen. An keiner Stelle werden die Interessen großer deutscher Kapitalgruppen so stark von der Führungsmacht beeinträchtigt wie bei der Sanktionspolitik gegen Iran und Russland. Die in den Medien betriebene öffentliche Kritik an Washington dürfte deshalb in den nächsten Monaten noch stärker werden.
So widerlich Trumps aggressive Rhetorik auch sein mag: Sie trägt, ähnlich wie in den Zeiten des Irakkrieges des G. W. Bush, erheblich zur Aufklärung darüber bei, dass von dem NATO-Verbündeten USA nicht Sicherheit, sondern Krieg, Zerstörung und Weltkriegsgefahr ausgehen. Für die Friedensbewegung bestehen in dieser Gemengelage bessere Chancen, gegen konkrete Kriegsziele der USA (und ihres engen Verbündeten Deutschland) und forcierte Aufrüstung massenwirksame Kampagnen zu führen. Die Chancen sollten aber auch genutzt werden.