Arnolds Bericht über die Situation an der Humboldt-Universität zur Jahreswende 1989/90 kann ich, obgleich ich als Externe – ich war Mitarbeiterin in der Akademie der Wissenschaften (AdW) der DDR – damals nur ein Seminar zum Dialektischen Materialismus in der Sektion Kulturwissenschaften geleitet habe, in zwei Fragen noch ergänzen.
Ende 1989/Anfang 1990 tauchten im Seminargebäude, in dem mein Seminar stattfand, auf den Belegungsplänen plötzlich völlig neue Seminartitel auf. Mein „Seminar zum Dialektischen Materialismus“ wurde zum Exoten. Ein Kollege aus der Sektion Kulturwissenschaft, mit dem ich mich damals in einer Pause unterhielt, zeigte sich sehr verwundert, dass ich mich immer noch auf den Marxismus berief. Ich sah überhaupt keinen Grund, das nicht zu tun.
Nicht unwesentlich ist übrigens, dass zu den Sektionsdirektorinnen beziehungsweise -direktoren, die 1990 früh gehen mussten, ausgerechnet auch solche gehörten, die nicht nur international beachtete Leistungen vorzuweisen hatten, sondern auch schon länger zuvor auf mehr Qualität in der Lehre und die konsequentere Durchsetzung des Leistungsprinzips (vor allem auch im Hinblick auf den Lehrkörper) gedrängt hatten.
Leider ist, was die Akademie der Wissenschaft betrifft, zumindest eine Bemerkung im Interview ungenau: Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Institute der AdW sowie die, die der medizinischen Forschung dienten, gingen nach dem 31. 12. 1991 „umstrukturiert“ meist in andere Trägerschaften über. Dabei wurden aber auch aus diesen Instituten eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen nicht übernommen: Vor allem auch wegen ihres politischen Engagements in der und für die DDR.
Nicht erwähnt wird leider die Rolle des Einigungsvertrages und in diesem Zusammenhang die der DDR-Unterhändler sowie der Mehrheit der Abgeordneten der letzten Volkskammer. Der Einigungsvertrag wurde im August 1990 unterzeichnet (siehe dort zur AdW Artikel 38, Absatz 2). Das Ende der AdW war allerdings schon zuvor beschlossene Sache.