Manche der 19.200 Beschäftigten des Berliner Klinikkonzerns Vivantes fühlten sich 20 Jahre zurückversetzt. Damals geriet die landeseigene GmbH in eine wirtschaftliche Schieflage. Angeblich drohte die Pleite. Dafür mussten die Angestellten durch einen Notlagentarifvertrag auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten, bis Ende 2006. Das waren 34 Millionen Euro pro Jahr. Tausende Beschäftigte artikulierten damals ihren Protest auf einer Betriebsversammlung im Kongresszentrum ICC.
Das Geschäftsergebnis für 2023 weist durch Kostensteigerungen und mangelnde Refinanzierung durch die Kostenträger (Krankenkassen, Sozialämter) ein Defizit von 131 Millionen Euro aus, bei 1,5 Milliarden Umsatz. 2022 waren es 72 Millionen Defizit. Eigentlich war das Ergebnis 2023 besser als erwartet. Aber die Geschäftsführung informierte nun, dass ein Neugestaltungs- und Sanierungskonzept geplant sei. Unschwer ist zu erahnen, auf wessen Kosten das stattfinden soll.
Konkrete Vorhaben sind noch nicht benannt. Aber es sollen harte Sparmaßnahmen sein. Und „man werde sich wehren gegen Gruppen, die nur ihre eigenen Interessen verfolgen“. ver.di legte bereits Protest ein und lehnt Einschnitte beim Personal entschieden ab. Stattdessen erhebt die Gewerkschaft die Forderung, endlich die Beschäftigten in den konzerneigenen Unternehmen besser zu bezahlen. Vivantes steht bei der Personalgewinnung seit Abschluss des Entlastungstarifvertrags gut da, 814 Pflege- und Funktionskräfte kamen hinzu. 2004 stand der frisch gegründete Konzern angeblich vor der Zahlungsunfähigkeit, bei 230 Millionen Euro Schulden. Es drohte sogar der Verkauf an die Rhön-Kliniken.
Dazu kam es nicht, der Berliner Senat entschied sich dagegen. Vivantes ist auch heute nicht Pleite. Und: Heute ist die Belegschaft besser organisiert, spätestens seit den Entlastungskämpfen 2021. Die Chancen stehen gut, den drohenden Angriff auf Erkämpftes abzuwehren. Gemeint sind mit der Sanierung auch Umstrukturierungen der – noch acht – Klinikstandorte. Pläne, die Anzahl der Standorte mit stationärer Versorgung zu reduzieren, waren schon 2004 in der Schublade. Damals ging es in einem Konzept um nur noch zwei zentrale Kliniken und mehrere Standorte, die nur ambulante und teilstationäre Versorgung bieten.
Ähnliches ist heute im Zuge der geplanten Krankenhausreform zu erwarten. Inzwischen sind auch in ganz Berlin Listen von Kliniken oder Klinikstandorten bekannt geworden, die unter den zu erwartenden neuen Bedingungen im Bestand bedroht sind. Das betrifft alle Formen der Trägerschaft. Auch die landeseigenen Krankenhäuser sind nicht besser geschützt beziehungsweise finanziert.