Soweit meine eigenen Nachforschungen ergaben, war im Zusammenhang mit der industriellen Tötung geistig Behinderter ein Prof. Dr. Werner Villinger ins Fadenkreuz der Ermittler geraden. Dieser Villinger war NSDAP- und SA-Mitglied, publizierte 1933, „Das A und O jeder wirksamen Verbrechensbekämpfung“ sei „die Verhinderung der Fortpflanzung und Vermehrung biologisch Unterwertiger“.
Man muss wissen, in der Berliner Villa Tiergartenstraße 4 waren zahlreiche Psychiater versammelt, die sich mit dem Studium von Patientenakten geistig Behinderter befassten und entschieden, welche Akte ein rotes oder schwarzer Kreuz erhielt. Das bedeutete: Leben oder Tod. Die Opfer wurden in spezielle Einrichtungen zur Vergasung gebracht. Eine davon war hier in Pirna Sonnenstein. Die Angehörigen erhielten gefälschte Totenscheine.
Einer dieser Gutachter war Prof. Dr. Villinger. Am 23. November 1958 gründete sich in Marburg der Verein „Lebenshilfe für das geistig behinderte Kind“. Gründungsmitglied war kein Geringerer als dieser Villinger. Ebenso das ehemalige NSDAP- und SA-Mitglied Prof. Dr. Hermann Stutte, ein Kinder- und Jugendpsychiater, der über das Thema der Euthanasie habilitierte. Solche extrem belasteten Gestalten, die etwa 80.000 vergaste Behinderte (allein bis 1941) und 400.000 Zwangssterilisierte mit zu verantworten hatten oder sogar daran selbst beteiligt waren, gründen nun einen Verein „Lebenshilfe für geistig Behinderte“. Dieser Verein existiert heute noch.