Tatsächlich, meine Damen und Herren, erleben wir eine historische Zäsur. Letzten Sonntag von Olaf Scholz im Bundestag verkündet: Deutschland liefert jetzt doch Waffen an die Ukraine, gibt demnächst mehr als 2 Prozent vom Inlandsprodukt für Verteidigung aus und: die Bundeswehr kriegt noch 100 Milliarden on top geschenkt!“ Wer da so gravitätisch formuliert wie ein Kommentator in den ARD-„Tagesthemen“ ist Oliver Welke, Moderator der wöchentlichen ZDF-Satiresendung „heute show“mit ihren ausgeleierten Running-Gags und Sketchen mit den schlechtesten Schauspielern, die für Gage zu haben sind.
Im laufenden Krieg um die Köpfe haben die Einheiten der vierten Teilstreitkraft, der Konzern- und öffentlich-rechtlichen Medien, mobilgemacht. ARD und ZDF schicken auch ihre leichte Kavallerie, diverse Satireformate, ins Gefecht. Die sind breit aufgestellt, neben weniger profilierten Streitern gibt es da den Denunzianten Dieter Nuhr, den verbissenen Christian Ehring von „extra 3“, die stets bedeutungsscheinschwangere Sarah Bosetti als grün gestrichenes Sturmgeschütz der Moral. Und eben den eher bräsigen Welke mit seiner Sendung.
Satire, das ist ironische Zuspitzung, Über- und Untertreibung. Sie ist Waffe der Unteren gegen die Oberen und Mächtigen, andersrum, gar als Verstärker für Herrschaftssprache, funktioniert sie nicht. Aktuell finden sich in den Nachrichtenformaten mehr der genannten Stilelemente als in der „heute show“-Ausgabe vom vergangenen Freitag – nur sind sie nicht satirisch gemeint.
Zur Einstimmung saß der Moderator vor dem Hintergrund einer rotierenden Weltkugel – der Koloss Russland in bedrohlichem Rot gefärbt, der Rest des Globus in den Farben Gelb und Blau. Und verkündete im Nachrichtenjargon: 141 Staaten der Welt haben Putins Krieg verurteilt. Weil es verrückt ist, die Welt anders zu sehen als die EU es will, folgt die bekannte Plemplemtheorie: Ist Putin noch ganz dicht? Ist er ein Psychopath?
Weil in der Redaktion niemand so genau weiß, was Faschismus eigentlich ist, kommt auch gleich die ultimative Widerlegung eines angeblichen russischen Vorwurfs: Selenski kann gar kein Nazi sein – weil er Jude ist. Das hat niemand behauptet, der Vorwurf ist, dass der Zögling des Kleptokraten Kolomoiski sich in Abhängigkeit von extremen Nationalisten und Nazis begeben hat. Was scheren Fakten? Wir machen Satire.
Ein Markenzeichen von Oliver Welke ist, dass die „Wir“-Dichte in seinen Ausführungen – gern verbunden mit einem Imperativ („Wir müssen …“) – es durchaus mit der „Ich-Dichte“ in Wolf-Biermann-Texten aufnehmen kann. Asche auf unser aller Häupter: „Wir finanzieren Putins Krieg.“ „Wir müssen uns mit Rüstung beschäftigen.“
Nach der eingangs zitierten „historischen Zäsur“ kommentiert Welke das 100-Milliarden-Aufrüstungs-Paket der Ampel: „Klar, jeder wünscht sich zur Abwechslung mal ’ne Bundeswehr mit fliegenden Flugzeugen und schwimmenden Schiffen.“ Jeder. Wünscht. Sich. Aber ganz besonders Witzarbeiter, deren schärfste Form der Bundeswehrkritik die bei höheren Temperaturen minimal eingeschränkte – also zu wenig letale – Treffgenauigkeit des Standard-Tötungsinstruments G36 war.
Jetzt wirkt der Moderator schon reichlich abgespannt, doch die vorgegebene Liste ist noch nicht abgearbeitet. Hat doch Friedrich Merz bei der Bundestagssitzung vom 27. Februar zum äußeren Feind auch den inneren klar benannt. Sein Name sei: Gerhard Schröder. Nicht wegen Jugoslawien, nicht wegen der Agenda 2010, sondern wegen Geldverdienens. Bei der Nennung der Summe speichelt Welke so stark, dass er schlecht zu verstehen ist – 800 000 Euro, so hört sich das an. Im Jahr. Also eine Summe, bei der sich der letzte Hinterbänkler noch fragt, ob er überhaupt aufstehen und in den Mund-Nase-Masken-Handel einsteigen soll. Flop.
Wer passt noch ins Feindbild? „Dass Oskar Lafontaine kürzlich noch behauptet hat, die USA hätten in der Ukraine einen Putsch finanziert, passt 1:1 zur Propaganda Putins.“ Und zu den Aussagen von Victoria Nuland, US-Außenpolitikerin, die von einer 5-Milliarden-Investition spricht. Wieder ein Flop. Wer ist noch Feind? Sahra Wagenknecht, klar, weil sie im Bereich der Halswirbelsäule nicht so gelenkig ist wie ein Gregor Gysi.
Und endlich, nach stressigen 30 Minuten, kann Welke abgeben an seinen Comedy-Azubi Fabian Köster, der mit einer flachen Windkraft-Geschichte und seiner ausgelutschten Politiker-Anmach-Masche die letzten 5 Minuten füllt. Aus dem Buben hätte was werden können. Aber bei dem Ausbilder?
Am Freitag geht‘s weiter – gleicher Sendeplatz, gleiche Leier. Wer nicht lacht, wird zwangsgeschunkelt.