Selbst angemessene Abfindungen sind Prevent zu viel

Vier Wochen Streik bei Halberg-Guss

Von Roman Stelzig

vier wochen streik bei halberg guss - Vier Wochen Streik bei Halberg-Guss - Autoindustrie, Halberg-Guss, Prevent, Unternehmen - Wirtschaft & Soziales

Seit dem 14. Juni wird in den Gießereistandorten Saarbrücken und Leipzig gestreikt. Anlass ist die angekündigte Schließung des sächsischen Werkes und der Abbau von 300 Arbeitsplätzen im Saarland. Die IG Metall fordert dafür eine Abfindung in Höhe von dreieinhalb Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr für die Kollegen, die entlassen werden. Dem Eigentümer Prevent ist das zu viel.

Der hat die Neue Halberg-Guss im Januar 2018 von der Süddeutschen Beteiligungsgesellschaft gekauft und das südafrikanische Werk Atlantis Foundries aus dem Verband herausgelöst. Dabei war das LKW- und Industriemotorenwerk erst 2015 an die Neue Halberg-Guss geschlossen worden, um den Bestand des Unternehmens zu sichern, das mit der Herstellung von Gussteilen für PKW-Motoren allein schwer zu erhalten ist. Nun gehört der profitable Teil der Prevent, und die Halberg-Guss kann dicht machen. „Restrukturierung“ nennt man das in Unternehmersprache.

Einen Grund, um das ungeliebte Stiefkind aus dem Bett zu werfen, bietet der Konflikt zwischen der Prevent-Gruppe und dem Autohersteller VW. Die beiden wurden sich über den Preis der zugelieferten Fertigungsteile schon früher nicht einig, und wenn zwei Kapitalisten sich streiten, geht das auf Kosten der Arbeiter. Bis 2019 soll die Neue Halberg-Guss jetzt ihre Pforten schließen.

Den schwarzen Peter bekommen die streikenden Arbeiter. Ein Strukturierungsabkommen soll VW der Prevent-Gruppe unterbreitet haben, die aber behauptet: Weil die Produktion in der Neuen Halberg-Guss stillstehe, hätte der Autokonzern die Gespräche abgebrochen. Stimmt zwar nicht, sagt VW, aber Prevent zieht gleich mit weiteren Behauptungen nach. Mit lahmgelegten Fahrzeugen und manipuliertem Strom sei die Produktion sabotiert worden, wirft Geschäftsführer Alexander Gerstung den Streikenden vor und droht sofort mit juristischer Vergeltung. Selbst Polizeipräsident Bernd Merbitz war Ende Juni vor dem Leipziger Streikgelände aufgetaucht und kündigte eine Räumung an, weil die Zufahrt zum Werk blockiert worden sei.

Trotzdem gibt sich die IG Metall optimistisch. „Es geht um alles“, verkündete Sekretär Bernd Kruppa am Beginn einer Demonstration am vergangenen Freitag in Leipzig nach einem Bericht der „jungen Welt“. Das bisherige Angebot der Prevent-Gruppe von einem halben Monatslohn Abfindung pro Arbeitsjahr sei „nach wie vor ein Witz“. Es gehe um die Machtfrage und man stehe noch vor einer langen Auseinandersetzung, sagte er gegenüber „junge Welt“.

Vergessen sollte man bei so großen Ankündigungen freilich nicht, dass es sich nach Lage der Dinge auch nur um ein Rückzugsgefecht handelt. Berichte sprechen zwar von einer hohen Beteiligung und Solidarität unter den Arbeitern, auch benachbarter Betriebe, aber für die Beschäftigten geht es letztlich nur darum, zu welchem Preis sie ihren Posten räumen müssen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Vier Wochen Streik bei Halberg-Guss", UZ vom 13. Juli 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Flugzeug.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit