Spanien sieht sich einem Zuwachs der Rechten ausgesetzt

Vier Jahre, vier Wahlen

Von Francisco Lara

Francisco Lara ist Generalsekretär der Auslandsorganisationen

der Kommunistischen Partei Spaniens

Am 10. November finden in Spanien wieder einmal allgemeine Wahlen statt, die zweiten in diesem Jahr und die vierten in den vergangenen vier Jahren. Dieser neuerliche Wahlgang in so kurzer Zeit ergibt sich ein weiteres Mal aus der Unfähigkeit der Parteien, die den Halbkreis des Abgeordnetenhauses bilden, eine Regierung zu bilden, und man sieht einen möglichen Zirkelschluss voraus, der als „Krise der 78er Regierungsform“ bezeichnet wird. Ein Kreislauf, der mit den Wahlen 2015 begann und erhebliche Instabilität im Land brachte.

Alles deutet darauf hin, dass nach den Ergebnissen der Parlamentswahlen im April und den Wahlen im Mai (Kommunal-, EU- und Autonomiewahlen an einem Tag) diese Neuwahl seitens der PSOE gewollt war. Die sozialdemokratische PSOE, die im April mit der bedingungslosen Unterstützung aller nicht-rechten Parteien bei der Vertrauensabstimmung an die Regierung kam, zeigte bereits tags darauf, dass sie ein andere Linie verfolgen würde, als man sie von einer angeblich linken Partei erwarten könnte. Zunächst entschied sie, eine Haltung der Unbeweglichkeit einzunehmen und auf die Ergebnisse der Mai-Wahlen zu warten, um sehen zu können, welche Bündnisstrategie sie für das Abgeordnetenhaus verfolgen sollte. Als die Ergebnisse der Wahlen bekannt waren und neue Akteure auf der Bühne aufgetaucht waren (mit „Más Madrid“ (Mehr Madrid), einer Partei, die aus einer „Podemos“-Abspaltung mit Íñigo Errejón an der Spitze stammt), offenbarten sie schließlich ihre nächsten Schritte.

Gegenüber dem Kongress verblieb die PSOE bei ihrer Strategie der Starrheit hinsichtlich einer Regierungsbildung und erst kurz vor der Wahl eines Regierungschefs versuchte sie es mit ihrem natürlichen Bündnispartner, „Unidas Podemos“ (UP – Vereint schaffen wir es). Unidas Podemos ist eine Koalition aus „Podemos“, das geschwächt von den jüngsten, erheblichen internen Abspaltungen ist, aus „En Común“ und „En Común Podem“, die beide aus autonomen Regionen kommen, „Equo“, das im September aus dieser Koalition ausschied, und „Izquierda Unida“, die politische Bewegung, in der auch die KP Spaniens aktiv ist. Aufgrund der kurzen Zeitspanne der Verhandlungen ist es logisch, dass beide Seiten nicht zu Vereinbarungen vor der Amtseinführung eines Regierungschefs kamen.

Die Debatte zur Amtseinführung selbst zeigte letztlich, dass es in den Plänen der PSOE niemals den Willen zu einer Vereinbarung mit UP gab. Die Sozialdemokraten widmeten sich einer Konzentration der Diskussion auf die Forderung nach Enthaltung der Rechtsparteien (was einer Wahl von Pedro Sánchez zum Regierungschef gleichgekommen wäre) und auf den Ausschluss aller Vorschläge der UP – wobei sie sogar ein paar politische Schritte gingen und mehr als zweifelhafte Forderungen aufstellte. Dieser fehlende Konsens und die Vorhersehbarkeit einer zweiten Amtseinführungsdebatte, die ebenso wenig eine Lösung bringen würde, da ja die gleichen Abgeordneten im Kongress saßen, bewirkten, dass der König keinen Kandidaten als Regierungschef vorschlug und deshalb nach dem Gesetz Neuwahlen erforderlich wurden. Das sind Wahlen, die seit den Mai-Wahlen Teil des Streckenplans der PSOE waren, bei denen die Partei von Íñigo Errejón es in Madrid (Stadt und Umland) schaffte, erheblich in die Strukturen von Podemos und seiner diversen Koalitionäre einzudringen, sowie mit dem vorhersehbaren wesentlichen Fakt der Prozessergebnisse in Sachen Katalonien.

Errejóns „Más Madrid“, das heute „Más País“ (Mehr Land) heißt, um an den nationalen Wahlen teilnehmen zu können, ist nicht nur grundlegender Teil der PSOE-Strategie, um die Wählerschaft links von ihr zu spalten, sondern hat sich außerdem de facto in ihre Krücke verwandelt, denn Errejón hat öffentlich gesagt, dass seine Partei der PSOE unbedingte Unterstützung geben würde, wenn diese eine Regierungsmehrheit hätte.

Das Abwarten des Urteils gegen die Katalanen hat vermutlich nicht das von der PSOE gewünschte Ergebnis gebracht, denn das Urteil ist leider von allen Kämpfen und der Gewaltwelle, die einen stark faschistischen Charakter hat, überschattet, was zur Folge hat, dass die Volkspartei (PP) erheblich an Zustimmung gewinnt und jeder Versuch vereitelt wird, einen Wahlkampf auf Grundlage der Parteiprogramme zu führen.

Daher wird es nach den Wahlen folgendes Bild ergeben, wenn alles auf dieser schiefen Ebene weitergeht: eine deutlich stärkere Volkspartei, sogar mit Möglichkeiten die Wahlen zu gewinnen oder wenigstens eine Koalition mit den anderen Rechtsparteien einzugehen (mit den klar absackenden „Ciudadanos“ (Bürger) und mit VOX, das mit der Gewalt in Katalonien an Zustimmung gewinnt); eine PSOE, die noch einmal auf den Sieg und mit Hilfe ihrer Krücke „Más País“ auf die Regierung hofft; ein „Más País“, das ein noch reformistischeres Programm als „Unidas Podemos“ hat und sehr an die damalige Abspaltung der Izquierda Unida, „Nueva Izquierda“, die sich nach nur vier Jahren der PSOE angeschlossen hat, erinnert und wohl ähnlich enden wird; und zuletzt UP selbst, deutlich geschwächt und mit unsicherer Zukunft, verkleinert schon nach der Amtseinführungsdebatte der letzten Legislaturperiode und wegen des Fehlens einer klaren Alternative in der katalanischen Frage.

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"Vier Jahre, vier Wahlen", UZ vom 1. November 2019



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