Wird in Berlin der „Fahrplan“ der Koalitionsverhandlungen eingehalten? Am 16. November sollen die Gespräche beendet sein und der Vertrag stehen. Dann will die Partei „Die Linke“ ihre Mitglieder in der Stadt befragen, SPD und Grüne werden die Entscheidung über den Koalitionsvertrag auf Parteitagen fällen. Am 8. Dezember soll dann Michael Müller (SPD) erneut zum Regierenden Bürgermeister gewählt werden.
Viel hat man bisher besprochen und festgelegt. Darunter sind eine ganze Reihe von sehr interessanten Entscheidungen, die, wenn sie denn tatsächlich umgesetzt werden, das Leben vieler in der Stadt erleichtern könnten. Doch über die Finanzen haben die Koalitionspartner noch gar nicht verhandelt. Die sind eines der umstrittensten Themen.
Festgelegt wurde, dass beispielsweise deutlich mehr Menschen den „Berlin-Pass“ erhalten sollen. Wenn genug Geld da ist. Darüber soll am Ende der Koalitionsverhandlungen entschieden werden. Mit dem Berlin-Pass könnten auch Wohngeldbezieher günstigere Nahverkehrstickets und Ermäßigungen bei Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten bekommen. Die Kältehilfe soll 200 Plätze mehr erhalten.
Die Mieten in Berlin sollen bezahlbar sein. Deshalb sollen jedes Jahr 6 000 Wohnungen gebaut und zusätzlich welche gekauft werden (insgesamt 55 000, und das sind immer noch zu wenige). Die Hälfte davon soll an einkommensschwache Mieter mit Wohnberechtigungsschein vergeben werden. Mieterhöhungen, auch durch Modernisierungen, sollen in den landeseigenen Wohnungen stark begrenzt, die Mieten für Sozialwohnungen gesenkt und nach Einkommen gestaffelt werden.
Flüchtlinge sollen Großunterkünfte wie den Hangar auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof schnell verlassen können und Wohnungen erhalten. Änderungen will man auch in der Abschiebepolitik durchsetzen: Abschiebungen sollen demnach nur noch die „Ultima Ratio“ sein.
Es soll zudem mehr Kita- und Hortplätze geben, die Bedarfsprüfung bei Kita-Plätzen abgeschafft werden. Die Hochschulen sollen mehr Geld erhalten und die Krankenhäuser mehr Mittel für die Sanierung.
Der öffentliche Nahverkehr und das Netz der Radwege werden ausgebaut. Das Sozialticket wird ab Frühjahr 2017 billiger, nach dem 1. Januar, also nach der nächsten Preiserhöhung bei Bussen und Bahnen, soll es zudem einen Preisstopp geben. Die A-100 wird in den nächsten fünf Jahren nicht weitergeführt – und auch die Planungen dazu nicht. Umweltschutz wird insgesamt großgeschrieben.
SPD, Linkspartei und Grüne wollen zudem alle Energienetze in Berlin in die öffentliche Hand nehmen. Dadurch soll die Energie- und Wärmeversorgung sicher und bezahlbar bleiben. Eine Rekommunalisierung sowohl beim Stromnetz als auch bei Gas und Fernwärme wird angestrebt. Außerdem soll das Berliner Stadtwerk ausgebaut werden und deutlich mehr Kompetenzen erhalten: In Zukunft soll es auch mit Strom handeln dürfen.
Erst am Montagabend dieser Woche ging es dann um die ersten Streitpunkte wie die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen. Die SPD will das Pilotprojekt am Alexanderplatz weiterführen. Erst danach will sie über die Videoüberwachung entscheiden. Offen ist auch, was aus Innensenator Frank Henkels Plänen wird, die Polizei mit Elektroschockern auszustatten. Auch der Verfassungsschutz ist umstritten, den die Grünen und die Partei „Die Linke“ abschaffen wollen. Uneinig ist man sich auch in der Drogenpolitik: Linkspartei und Grüne wollen den Cannabiskonsum in bestimmten Grenzen freigeben und einen kontrollierten Verkauf legalisieren. Einigkeit besteht aber darin, mehr Polizistinnen und Polizisten einzustellen.
So gut manche der bisherigen Festlegungen klingen: Die politische Praxis wird zeigen, was Realität wird.