Am 8. März gehen weltweit Frauen für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, für eine gleichberechtigte und solidarische Gesellschaft auf die Straße. In diesem Jahr stellen sie fest, dass sich ihre Situation weiter verschlechtert hat. Aufgrund der hohen und steigenden Preise bei Lebensmitteln, Energie und Mieten nimmt die Zahl der Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht mehr sichern können, drastisch zu. Das trifft überwiegend Frauen – denn sie verdienen im Schnitt immer noch etwa 20 Prozent weniger als Männer. Frauen sind häufiger in prekären Jobs beschäftigt, haben nur einen Minijob oder arbeiten in Teilzeit. Sie arbeiten häufiger in Branchen, die schlechter zahlen, wie in den Sozial- und Erziehungsdiensten, in der Pflege, im Einzelhandel oder in der Gastronomie. Oft bekommen sie nur den Mindestlohn bezahlt. Deshalb leben Frauen häufiger in Armut oder sind armutsgefährdet – auf jede fünfte Frau trifft dies zu. Die Preissteigerungen verschärfen diese Armut extrem. Das führt dazu, dass sie vermehrt auf staatliche Leistungen und die soziale Infrastruktur angewiesen sind.
Vier von fünf erwerbstätigen Frauen können sich und ein Kind mit ihrem Einkommen langfristig nicht versorgen. Frauen, die sich von ihren Partnern trennen möchten, finden keine bezahlbare Wohnung und können ihre Lebenshaltungskosten nicht allein stemmen – erst recht nicht, wenn sie Kinder haben. Ein Albtraum insbesondere für diejenigen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Hilfsstrukturen wie Frauenhäuser sind zudem seit Jahren unterfinanziert und überfüllt. Frauen, die dringend Hilfe bräuchten, werden immer wieder abgewiesen.
Es gibt also mehr als genug Gründe, um am Frauenkampftag zu protestieren. In diesem Jahr wird dies gemeinsam mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschehen, die sich im Tarifkampf befinden. Sie streiten für 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr pro Monat. ver.di ruft für den 8. März zum Aktionstag der Sozial- und Erziehungsdienste auf. Bereits 2022 hatten die Kolleginnen und Kollegen aus diesem Bereich gestreikt und waren gemeinsam mit der Frauenbewegung auf der Straße. Das hat dem Frauentag eine neue Bedeutung gegeben, eine größere Wertigkeit und mehr Kampfkraft – denn es fand der erste Frauenstreik in Deutschland am 8. März statt.
Im gesamten öffentlichen Dienst stellen Frauen über die Hälfte der Beschäftigten, etwa beim Reinigungspersonal, in der Hauswirtschaft und in Schulen sowie in der Verwaltung. Der Sozial- und Erziehungsdienst ist eine Branche, in der überwiegend Frauen arbeiten – mit über 80 Prozent. Das betrifft Kindertageseinrichtungen, Jugendämter und Beratungsstellen. Insgesamt sind dort 1,66 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, davon sind 1,4 Millionen Frauen.
Sowohl in der Pandemie als auch in der jetzigen Wirtschaftskrise wird deutlich, wie wichtig die öffentliche Daseinsvorsorge für die Gesellschaft ist. Sie bildet die Grundlage des Zusammenlebens, sie ermöglicht soziales Miteinander, gesellschaftliche Teilhabe und soziale Sicherheit. Wir erleben zurzeit aber auch, wie diese gesellschaftliche Basis zunehmend wegbricht. Personalmangel und Mittelkürzungen wirken sich in allen Bereichen aus. Das führt zur Reduzierung von Öffnungszeiten oder auch zu Schließungen – sei es bei Kitas, in Schulen oder Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist de facto nicht mehr möglich. Sozialarbeiterinnen finden keine Plätze für Kinder in Not und müssen mit knappen Ressourcen gegen die Auswirkungen von Armut in einem eigentlich reichen Land kämpfen. Zustände, die nicht hinnehmbar sind.
Es ist ein Skandal, dass in einem der reichsten Länder der Welt ausgerechnet für die Beschäftigen im sozialen Bereich kein Geld für eine adäquate Bezahlung da sein soll, während gleichzeitig Milliarden für die Rüstung ausgegeben werden und mit massiven Rüstungsexporten der Frieden gefährdet wird. Deshalb ist der gemeinsame Kampf der Frauenbewegung mit den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, aber auch mit der Friedensbewegung an diesem 8. März dringlicher denn je.