Tarifabschluss im Gebäudereiniger-Handwerk

Viel Rauch um nicht viel

Von Siggi Baumeister

Nach fünf Verhandlungsrunden hat die Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt für die rund 600 000 Beschäftigten im Gebäudereiniger-Handwerk einen Tarifabschluss erreicht. Ein Tarifabschluss, der im Gebäudereiniger-Handwerk etwas Historisches erreicht hat, aber auch kritisch hinterfragt werden muss.

Mit dem Tarifabschluss konnte erstmalig die magische Lohnmauer im Gebäudereiniger-Handwerk von zehn Euro pro Stunde durchbrochen werden. Geprägt war die Tarifrunde von kreativen Aktivitäten der Beschäftigten. Doch wer hinter die Fassaden des Tarifvertrages guckt, sieht, dass der Grund zum Feiern nicht so groß ist. Im Einzelnen sieht das Tarifergebnis vor, die unterste Lohngruppe im Westen (in der ein Großteil der Beschäftigten eingruppiert ist) von aktuell 9,55 Euro ab dem 1. Januar 2016 um 25 Cent zu erhöhen. In einem zweiten Schritt ab dem 1. Januar 2017 kommen weitere 20 Cent pro Stunde hinzu, so dass der Stundenlohn dann zehn Euro beträgt. Das entspricht einem Plus von 2,62 Prozent im ersten Jahr und im zweiten Jahr um 2,04 Prozent. In den neuen Bundesländern steigen die Löhne von derzeit 8,50 Euro im gleichen Zeitraum um 20 Cent und 35 Cent auf dann 9,05 Euro. Sie steigen somit um 2,35 und 4,02 Prozent.

Noch immer besteht zwischen den Tariflöhnen in den alten Bundesländern und den Tariflöhnen in den neuen Bundesländern eine Differenz von knapp zehn Prozent. Damit hat die IG BAU das Ziel in der Tarifrunde nicht erreicht, die Forderung „Gleiche Arbeit – gleicher Lohn“ umzusetzen. Auch die nackten Zahlen und die Laufzeit des Tarifvertrages entsprechen nur wenig den Forderungen der IG BAU zur Tarifrunde. Auch die Forderung nach einem Tarifvertrag zur Leistungsverdichtung gegen das „Turbo putzen“ endete in einer gemeinsamen „Vereinbarung“ der Arbeitgeber und Gewerkschaften. Das Ziel dieser Vereinbarung ist es, neben Maßnahmen zur Vermeidung von Leistungsverdichtung vor und nach Tariferhöhungen auch Maßnahmen der Qualifizierung und Weiterbildung, Ausbildung sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz aufzustellen.

Wie die Vereinbarung in den Betrieben umgesetzt werden soll und wie die Mitbestimmung verankert wird, ist noch unklar. Von den angekündigten „Tagen des Donners“ war in den letzten Verhandlungsrunden nicht viel zu spüren. Selten wurde ein Tarifvertrag so gefeiert wie dieser Tarifvertrag in der Gebäudereinigung, der nur ein Minimum der Forderungen erfüllte. Im Vorfeld und auch während der Verhandlungsrunde wurde immer die hohe Kampfbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen signalisiert. Doch rausgekommen ist viel Rauch um nicht viel. Auf der Strecke geblieben sind die Kolleginnen und Kollegen, die sich mutig und eindrucksvoll an den Aktionen der Branche beteiligt haben.

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"Viel Rauch um nicht viel", UZ vom 13. November 2015



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