Dem Bericht „Ruine 21“ stimme ich vom Inhalt und den Schlussfolgerungen zu. Doch der Untertitel „Die Stuttgarter wehren sich seit sechs Jahren gegen die Zerstörung ihrer Stadt“ ist schlichtweg falsch. „Die Stuttgarter“ wehren sich schon seit Ende des letzten Jahrhunderts gegen die Zerstörung ihrer Stadt. Mit dem Bekanntwerden der Planungen für Stuttgart 21 (S21), begann auch die Auseinandersetzung gegen die Zerstörung der Stadt und gegen S21. Im November 1995 wurde die Initiative „Leben in Stuttgart – Kein Stuttgart 21“ gegründet. Es war ein bescheidener Anfang, ein Schritt zu einer Bewegung mit großartiger und beeindruckender Langzeitwirkung. Dazu kurz einige Fakten:
Im Sommer 1996 wurden 13 000 Unterschriften für einen Bürgerantrag für einen Bürgerentscheid dem Gemeinderat übergeben. Der wurde vom Gemeinderat mit der überragenden Mehrheit der CDU und FDP abgeschmettert. Ebenso die im Oktober/November 1997 gesammelten 67 000 Unterschriften für einen S21-Bürgerentscheid über den Ausstieg der Stadt Stuttgart aus der Finanzierung dieses unsinnigen und sündhaft teuren Projekts. Im April 2007 wurde ein breites Aktionsbündnis gegen S21 gebildet. Weit über die sechs Jahre hinaus gab es vielfältige Proteste. Sie äußerten sich in Bürgerbegehren, Aktionen, Demonstrationen, im September 2007 fand die erste Großdemonstration gegen S21 mit 5 000 Teilnehmer*innen statt, bei der größten waren 150 000 Teilnehmer*innen. Seit Oktober 2009 finden jeden Montag die Montagsdemonstrationen statt, die 333. am 8. August.
Je länger der Protest anhält, je mehr an diesem Milliardengrab S21 „gebuddelt“ wird, umso deutlicher wird: Nicht wir, die Protestierenden, müssen sich die Frage stellen, ob es sich lohnt, noch weiter zu machen. Je mehr die Verfechter und Betreiber an diesem Immobilienprojekt mit Gleisanschluss fest halten, umso mehr kommen sie und nicht wir in die Bredouille. Sei das bei der Finanzierung, dem Zeitplan, der Kapazität des Bahnhofs, der Sicherheit und dem Brandschutz oder ihrer Argumentation und den „Gutachten“, die immer mehr zusammenbrechen wie ein Kartenhaus. Selbst der Bundesrechnungshof muss nach Presseberichten nun feststellen, dass die Kosten für S21 von ehemals 2,8 Mrd. auf 10 Mrd. Euro steigen werden und damit auch der Kostendeckel von 6,5 Mrd. Euro gesprengt wird.
Mit hohem Wissen und Sachverstand haben Architekten, Ingenieure und Experten der Protestbewegung ein viel beachtetes und überzeugendes Umstiegskonzept „Umstieg 21“ entwickelt. Dies gilt es jetzt in die Tat umzusetzen. Für eine attraktive Bahn für alle. Für eine lebenswerte Stadt und Region Stuttgart. Weg mit S21. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.