Einen „Marshallplan für Afrika“ hatte Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) angeregt. Vor ihrem Aufbruch nach Mali am vergangenen Sonntag nahm Kanzlerin Merkel den Faden auf. Sie forderte von deutschen Unternehmen mehr Engagement in Afrika und kündigte an, mehr Geld für Entwicklungshilfe in die Hand nehmen zu wollen.
„Migrationspartnerschaft“ heißt die neue Losung. Das heißt: Afrikanische Regierungen bekommen Geld, wenn sie dafür ihre Grenzen undurchlässig machen und so Flüchtlingsbewegungen eindämmen, mit Aussicht auf Bonuszahlungen. Ganz will man den Afrikanern aber die Aufsicht nicht überlassen. Wirtschaftliche Interessen sind nur der Vorwand, hinter dem sich strategische Interessen der Berliner Politik verbergen. Rund 700 Bundeswehrsoldaten stehen bereits in dem bürgerkriegsgeschüttelten westafrikanischen Land mit seinen 14,5 Millionen Einwohnern, 540 davon im Rahmen der UN-Truppe Minusma – „Die derzeit gefährlichste Mission der Bundeswehr“, wie Kriegsministerin von der Leyen einschätzt.
Wohin Merkel auch reist, die Bundeswehr ist schon da. In Malis Nachbarland Niger sind 40 deutsche Soldaten stationiert. Als die Kanzlerin am Montagmorgen in Niamey, der Hauptstadt, landete, standen für die Gespräche mit Präsident Issoufou Mahamadou die selben Punkte auf der Agenda wie am Vortag in Bamako. Pikant an diesem Besuch ist aber, dass Frankreich gerade dieses Land als den Kern seiner Interessensphäre in Afrika betrachtet. Dass Berlin auch dort den Fuß in die Tür stellt, ist eine diplomatische Klatsche für den Partner in der EU-Dominanz, den flügellahmen französischen Präsidenten François Hollande. Ausbau der eigenen Präsenz rangiert in diesem ärmsten Land der Welt noch vor dem Aufhalten der Menschen, die im Norden ein besseres Leben suchen. Von 150 000 Menschen auf der Flucht, die jährlich die zentralnigrische Stadt Agadez passieren, sprechen die offiziellen Zahlen. Um die von Europa fernzuhalten sollen Millionen Euro bewegt werden. Mahamadou forderte mehr, allein Niger brauche eine Milliarde – da aber bremste Merkel.
Der letzte Besuch galt einem treuen Handlanger der USA und der Europäischen Union. Die äthiopische Regierung exekutiert als Hilfspolizist in Ostafrika deren Politik, ob es um Flüchtlinge geht, die Spaltung des Sudan oder die Kontrolle des Dauerkonfliktherds Somalia. Hier ergab sich ein dekorativer Besuchsanlass: Die Einweihung des von Deutschland finanzierten Julius-Nyerere-Gebäudes für Frieden und Sicherheit der Afrikanischen Union durch Merkel. Dabei fasste die Kanzlerin die Frucht ihrer Reiseerkenntnisse in die Worte: „Afrika gewinnt zunehmend an globaler Bedeutung, und deshalb ist es wichtig, wenn die afrikanischen Staaten in möglichst großer Einigkeit ihre Interessen vertreten.“ Solange diese sich mit denen der Herrschenden in der EU decken, möchte man hinzufügen.