Anfang März einigte sich der Gesamtbetriebsrat (GBR) und der Vorstand von Mercedes-Benz auf ein Eckpunktepapier zur Beschäftigungssicherung. Wie derzeit überall üblich, sieht dieses Zugeständnisse und Abstriche für die rund 91.000 Beschäftigten des Konzerns in Deutschland vor. Der Vorstand hatte zuvor weitergehende Forderungen zur Senkung der Personal- und Arbeitskosten formuliert, die vom Betriebsrat als „Giftliste“ bezeichnet wurden. Diese konnten abgewehrt werden. Bis 2027 will der Konzern die Produktions- und Fixkosten um 10 Prozent senken, in den nächsten zwei Jahren jährlich um 5 Milliarden Euro.
Bei den Kolleginnen und Kollegen kam die Verlängerung der Beschäftigungssicherung um fünf Jahre gut an. Die Sicherung – kurz ZUSI 2035 genannt – geht, wie der Name schon sagt, bis Anfang 2035. Dem GBR war wichtig, die schwierige Zeit zwischen 2030 und 2034 abzusichern. In diesen Jahren wird ein großer Rückgang der Beschäftigung durch die Transformation Richtung Elektroauto erwartet. Eine Verlängerung der ZUSI bedeutet, dass Personalabbau nur per Abfindung mit doppelter Freiwilligkeit möglich ist. Betriebsbedingte Kündigungen sind über diese Vereinbarung nicht möglich. Andere Mittel der Personalreduzierungen sind die Nichtbesetzung von Abgängen über Rente, Altersteilzeit und sonstige Fluktuation. Eine einseitige Kündigungsmöglichkeit der ZUSI besteht nicht. Verpflichtende Verhandlungen sind vorgesehen, die aber nicht zwingend zu einer Aufhebung der Vereinbarung führen müssen.
Die Ergebnisbeteiligung stand im Rahmen der Verhandlungen auf der Kippe. Forderungen des Vorstandes, sie im Jahr 2025 deutlich zu kürzen, wurden abgewehrt. So entspricht die Ergebnisbeteiligung in vollem Umfang der seit letztem Jahr angewandten Berechnungslogik und beträgt 5.220 Euro. Das zeigt, dass der Konzern nach wie vor hohe Profite macht und es für Sparprogramme und Gejammer keinen Grund gibt. Auch für das Geschäftsjahr 2025 mit Auszahlung im Jahr 2026 gilt die Vereinbarung weiter. Ab dem Jahr 2026 gibt es keine Vereinbarung.
Beim tariflichen Zusatzgeld gibt es für die Jahre 2025 bis 2027 eine verpflichtende Wandlung in freie Tage. Die Option der Auszahlung (27,5 Prozent eines Monatslohns) entfällt in diesen Jahren. Damit will der Vorstand Geld einsparen. IG-Metall-Mitglieder erhalten einen zusätzlichen freien Tag. Die meisten Beschäftigten freuen sich sicher über die freien Tage. Probleme bringt diese Regelung allerdings für diejenigen Beschäftigten, bei denen das Geld knapp ist.
Die Hälfte der Tariferhöhung auf das tarifliche Grundentgelt wird bei der übertariflichen Zulage beziehungsweise dem betrieblichen Grundentgelt abgezogen. In der Entgeltgruppe 7, die in Baden-Württemberg bei 3.521,50 Euro pro Monat liegt, beträgt die geringere Lohnerhöhung rund 35 Euro. Die Tariferhöhung wirkt aber auf das tarifliche Grundentgelt, so dass alle tariflichen Entgeltbausteine wie Leistungsentgelt oder Belastungszulagen normal erhöht werden. Vom GBR wurde ein Eingriff in den Tarifvertrag strikt abgelehnt. Spätestens ab 2030 erfolgt dann eine Rückführung auf das individuelle Niveau, die bis 2035 abgeschlossen sein soll. Das heißt, dass es sich um eine zeitlich begrenzte Absenkung handelt. Das Geld fehlt den Beschäftigten über diese zehn Jahre natürlich trotzdem im Geldbeutel.
Die derzeitige Gesamtbetriebsvereinbarung zur Erhöhung der Personalflexibilität wird bis 2035 mit folgenden Änderungen verlängert: Die Höchstüberlassungsdauer für Zeitarbeiter im direkten Bereich wird von 36 auf 48 Monate erhöht und die Flexibilitätsquote wird von 8 auf 10 Prozent angehoben. Das bedeutet, dass noch mehr flexibilisiert wird und damit noch mehr Kolleginnen und Kollegen in Unsicherheit leben. „Hire and Fire“ ausnutzen – das ist das Ziel des Konzernvorstands. Die Leiharbeitenden werden wieder die ersten sein, die gefeuert werden, wenn es abwärts geht. Das spaltet die Belegschaft.
In der Summe handelt es sich um geringere Einschnitte als von vielen Kolleginnen und Kollegen befürchtet. Aber die Vereinbarung zeigt, dass der GBR das Ziel des Konzernvorstands teilt, dass die „Wettbewerbsfähigkeit“ gestärkt werden muss. So heißt es zum Beispiel im „Scheibenwischer“, der Betriebszeitung der IG Metall im Werk Untertürkheim: „Für die Wettbewerbsfähigkeit müssen alle ihren Beitrag bringen – vom Vorstand bis zu den Beschäftigten.“ Und ja, tatsächlich verzichten Vorstand und Führungskräfte ebenfalls auf Geld. Nur spüren sie die Wirkung bei ihrem hohen Einkommen nicht so wie die Kolleginnen und Kollegen.