Vor dem Arbeitsgericht Celle einigten sich der Rüstungskonzern „Rheinmetall“ und dessen ehemalige Mitarbeiterin Rosemarie Meuer. Die Geschoss-Spezialistin arbeitete 25 Jahre für die Waffenschmiede, bis der Konzern sie nach längerer Krankschreibung 2018 kündigte. Recherchen des „Stern“ und des ARD-Magazins „Report München“ warfen jetzt ein Licht auf den Rechtsstreit. Meuer arbeitete im Rheinmetall-Werk im niedersächsischen Unterlüß bei Celle und berechnete die Flugbahn von Geschossen. Im Oktober 2014 nahm sie an einem Treffen mit dem südafrikanischen Joint-Venture „Rheinmetall Denel Munition“ (RDM) teil. Bei einer Besprechung zur 155-Millimeter-Artilleriemunition „Assegai“ zitierten die Südafrikaner aus NATO-Dokumenten, die sie nicht haben durften. Aus Angst, sich strafbar zu machen, meldete Rosemarie Meuer den Vorfall dem Rheinmetall-Sicherheitsbeauftragten am Standort Unterlüß. „Danach wurde mein Leben zur Hölle“, sagt sie heute. Nach dem Vorfall wurde sie gemobbt, bis sie zusammenbrach.
Nachdem Meuers Meldung von Rheinmetall ignoriert worden war, informierte sie den Verfassungsschutz. Dieser leitete mit dem Hinweis, die „Vorwürfe dürften aufklärungsbedürftig sein“, den Vorgang an das für Rüstungsexporte zuständige Bundeswirtschaftsministerium weiter. Das Ministerium kam ohne eingehende Prüfung zu dem Schluss, dass kein Handlungsbedarf bestehe.
Bei den besagten Dokumenten handelte es sich um sogenannte „STANAGs“, NATO-Standards für Waffen und Ausrüstung. Diese werden zwar innerhalb der NATO nicht als geheim eingestuft, aber dürfen nicht an Nicht-NATO-Mitgliedstaaten weitergeben werden. An RDM ist Rheinmetall zu 51 Prozent und das südafrikanische Staatsunternehmen „Denel“ zu 49 Prozent beteiligt. Das Unternehmen ist eigenständig. Das ist Rheinmetall wichtig, weil Exporte leichter in Krisenregionen geliefert werden können. Statt der deutschen gelten die südafrikanischen Exportregeln.