Unterschiede in der Beurteilung der EU, aber ähnliche Schlussfolgerungen auf der 4-Parteien-Konferenz in Münster

Verständigung über den Gegner

Von Lucas Zeise

Die Krise der Europäischen Union ist mit Händen zu greifen. In dieser Frage bestand Einigkeit bei der 12. Vierparteienkonferenz, die am vergangenen Wochenende in Münster stattfand. Die vier Parteien sind die Partei der Arbeit Belgiens (PTB/PVDA), die gastgebende DKP, die KP Luxemburgs (KPL) und die Neue KP der Niederlande (NCPN). Wie in den beiden Vorjahren nahm eine Delegation der Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) als Beobachterin mit vollem Rederecht an den Beratungen teil. Der Konferenz, die nach 2010 und 2014 zum dritten Mal in Deutschland stattfand, ging eine Demonstration durch Münster voraus.

Das Thema der diesjährigen Konferenz „Die Rolle des imperialistischen Deutschlands in der imperialistischen EU“ stellte die deutsche Hegemonie in der EU in den Vordergrund. Darüber, dass diese Hegemonie besteht, über den imperialistischen Charakter Deutschlands und der EU selbst bestand weitgehend Einigkeit. Die NCPN sieht jedoch nach wie vor stärkeren Einfluss der USA auf die Geschicke der Europäischen Union insgesamt, wobei Deutschland von den USA geführt würde.

Herwig Lerouge von der PTB und Gavriel Pinson von der PdAS

Herwig Lerouge von der PTB und Gavriel Pinson von der PdAS

( Tom Brenner)

Welchen Charakter die EU selbst hat, ob sie ein „multinationales imperialistisches Staatenbündnis“ ist, wie Uli Brockmeyer (KPL) in einem Thesentext formulierte oder „ein Staatenbündnis auf dem Weg zu einem multinationalen Staat“, wie es die PTB beschreibt, blieb umstritten. Dementsprechend unterschiedlich war auch die Erwartung, ob die EU „in dieser Form nicht überleben wird“, so Patrik Köbele für die DKP – oder ob es so ist, wie Herwig Lerouge von der PTB sagte: „Die EU wird nicht so schnell zerfallen. Die Kern-EU-Länder denken gar nicht daran.“

„Aber“, so fügte er hinzu, „das kapitalistische Europa hat jegliche positive Dynamik verloren. Das Scheitern der Politik der europäischen Institutionen zum Lösen der Krise manifestiert sich zunehmend.“ Herwig Lerouge analysiert, dass „die Schwächung der EU-Strukturen (…) auf der Tagesordnung“ stünde, „was eine Verschärfung sämtlicher Widersprüche zur Folge hat. Die EU wird schwieriger zu steuern. Deutschlands Hegemonie wird umstrittener.“ Die Hegemonie Deutschlands in der EU wurde von allen Parteien in der Beratung als Tatsache gewertet. Köbele präzisierte den Charakter dieser Hegemonie so: „Der deutsche Imperialismus spielt, mit der EU als Hinterland, bewusst die Rolle des Juniorpartners des US-Imperialismus. Das gilt vorwiegend militärisch und innerhalb der NATO, das gilt aber auch ökonomisch …“

Köbele erinnerte daran, dass der 21. Parteitag der DKP festgestellt habe, dass wir „uns auf eine Phase einstellen müssen, in der die Aggressivität des deutschen Imperialismus nach innen und außen zunimmt.“ Wil van der Klift von der NCPN konstatierte, dass der US-Imperialismus immer aggressiver werde, dass diese Aggressivität sich auch gegenüber den europäischen Staaten stärker äußert und der Druck auf die EU-Länder verstärkt wird, ihre Ausgaben für Rüstung und Militär zu erhöhen. Gavriel Pinson (PdAS) erinnerte daran, dass die EU schon nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion „zur Speerspitze der NATO“ geworden sei. Heute unterwerfe „sich die EU fröhlich der NATO. Frankreich und Großbritannien gingen gemütlich Libyen zerstören mit einem selbst attribuierten Mandat. (…) Wenn die Atlantische EU die Völker nicht mit Bomben unterdrückt, dann mit einer Wirtschaft, die die Länder dazu zwingt, Austeritätspolitik zu betreiben. Offen von Deutschland aus gesteuert – sei es in Griechenland, Spanien oder Portugal – das Ziel bleibt dasselbe: die Völker zu unterdrücken und es den Banken und multinationalen Unternehmen zu ermöglichen, ihre Taschen ohne Hindernisse zu füllen.“

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"Verständigung über den Gegner", UZ vom 7. April 2017



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