Der Protest gegen den NPD-Parteitag in Saarbrücken hat antifaschistische Kräfte zusammengeführt

Verschiedene Aktionen, gemeinsames Ziel

Von Thomas Hagenhofer

Nazipartei bleiben

Unter dem Motto „Ja zum deutschen Volk“ fand am vergangenen Wochenende der 36. Bundesparteitag der neofaschistischen NPD mit fast 200 Delegierten in Saarbrücken statt.

Großen Raum nahm beim Parteitag der extremen Rechten erwartungsgemäß die Debatte um das zweite NPD-Verbotsverfahren ein. Der NPD-Parteivorsitzende Frank Franz wies Spekulationen seiner Gesinnungsgenossen zurück, wonach die Partei auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Verbotsverfahren mit einer Neufassung oder Änderungen im Parteiprogramm reagieren würde. „Wir werden keinen Millimeter von unserem bestehenden Parteiprogramm abweichen, weil wir unverrückbar an unserem programmatischen Dreiklang von nationaler Souveränität, nationaler Identität – wozu selbstverständlich das Abstammungsprinzip und unser ethnischer Volksbegriff gehören – und nationaler Solidarität festhalten“, erklärte der Neonazi.

Der zum radikalen Flügel der NPD zählende und mehrfach verurteilte Neonazi Thorsten Heise scheiterte unterdessen mit seiner gegen Franz gerichteten Kandidatur. Letzterer wurde am Sonnabend bei einer Enthaltung mit 102 Stimmen der insgesamt 172 Delegierten wiedergewählt. Auf den Thüringer Thorsten Heise entfielen 69 Stimmen. Gemeinsam mit Stefan Köster (Mecklenburg-Vorpommern) und Ronny Zasowk (Brandenburg) wurde Heise jedoch zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt. Während Franz für den Kurs einer „seriösen Radikalität“ steht, steht Heise, der über enge Verbindungen ins Spektrum sogenannter „Freier Kameradschaften“ verfügt, für einen aggressiven Abgrenzungskurs in Richtung rechtspopulistischer Strömungen.

Unterdessen wurde bekannt, dass die NPD am 1. Mai unter anderem in Essen aufmarschieren will.

mb

Mit verschiedenen Aktionen protestierten 5 000 Menschen am vergangenen Wochenende gegen den Parteitag der NPD – mit Blockaden, Protestlesungen und einer Großdemonstration des Bündnisses „Bunt statt Braun“, das mittlerweile 30 Organisationen umfasst.

Die Empörung der Zivilgesellschaft gegen diese Naziveranstaltung war besonders groß, weil sich die NPD das Saarbrücker Schloss als Veranstaltungsort gewählt hatte. Ausgerechnet dort befand sich während der NS-Diktatur die Gestapo-Zentrale, noch heute ist eine der Zellen unter dem Gebäude als Teil des Historischen Museums zu besichtigen, die Leiden der Inhaftierten durch Graffiti an den Wänden nachvollziehbar. Die NPD hatte sich im letzten Jahr durch ein Gerichtsverfahren die Nutzung des öffentlichen Gebäudes erstritten. Leider war der Regionalverband diesmal nicht bereit, die Veranstaltung zu untersagen. Auch hieran lässt sich die fatale Wirkung des Karlsruher Urteils ablesen –  das Bundesverfassungsgericht hatte im Januar abgelehnt die NPD zu verbieten.

Hunderte entschlossene Antifaschisten nahmen seit dem Morgen an Blockaden teil, um den Nazis den Zugang zum Schloss zu verwehren. Über den Kurznachrichtendienst Twitter wurden die Teilnehmenden an den Aktionen über die neusten Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten. Die Aktivitäten reichten von Straßenblockaden bis zur Besetzung einer nahegelegenen Parkhauseinfahrt. So mussten auch führende NPD-Politiker wie Pastörs und Richter vor den Blockaden ausharren und unter Polizeischutz einige Umwege in Kauf nehmen, der Parteitag konnte erst mit einer Stunde Verspätung beginnen. Immer wieder versuchten Nazis die Aktivisten ohne Erfolg zu provozieren. Unnötige Zuspitzungen der Polizei wie die Feststellung von Personalien, Personenfotos oder einem Hundeeinsatz blieben die Ausnahme. Getragen wurden diese Proteste von der Antifa Saar und Blockade Saar, einem neuen Bündnis gegen das Auftreten von Neonazis.

Auch das breite Bündnis „Bunt statt Braun“ wählte keine abgelegene Stelle sondern den Schlossplatz als Ort der Abschlusskundgebung. So waren die Nazis am frühen Nachmittag mit einer vielfältigen Demonstration tausender Saarländerinnen und Saarländer unmittelbar konfrontiert, die Pfiffe waren bis ins Schloss hörbar. Neben Gewerkschaften, Jugendorganisationen und kirchlichen Gruppen waren alle Landtagsparteien vertreten, aber vor allem viele junge Menschen, die zum Teil erstmals an einer solchen Demo teilnahmen. Viele selbstgemalte Schilder unterstrichen die breite Verankerung des Protestes in der Bevölkerung. Nach Absprache im Bündnis gab es keine Reden von Parteienvertretern. Der neu gewählte Vorsitzende des Landesjugendrings Tobias Wolfanger, betonte, dass die NPD leider nicht die einzige Partei sei, die Demokratie und Vielfalt gefährde: „Da hilft kein blauer Anstrich.“ Andere Redner stellten die Rechte von Geflüchteten in den Mittelpunkt. Wohl auch in Richtung der Landesregierung sagte Frank-Matthias Hofmann von der Evangelischen Kirche: „In Deutschland ist genug für alle da. Das Boot ist nicht voll, wir haben genug Geld und Platz. (…) Bleibt wachsam und werdet nicht feige!“ Viele saarländische Künstler unterstützten die Kundgebung. Die Chilenische Musikgruppe Musikandes spielte das „Saar-Lied“, das Bertolt Brecht und Hanns Eisler geschrieben hatten, um vor der Volksabstimmung von 1935 gegen den Anschluss des Saarlandes an das faschistische Deutschland zu werben: „Haltet die Saar, Genossen!“, schalte es über den Platz.

Die DKP Saarland unterstützte sowohl die Blockadeaktionen als auch, als Teil des Bündnisses „Bunt statt braun“, die Großdemonstration. Mit einem großen Transparenz machten Genossinnen und Genossen klar: Es bleibt dabei: Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!

Die Aktionen gegen den NPD-Parteitag waren ein Schritt nach vorne im Bemühen, den vielseitigen antifaschistischen und antirassistischen Protest an der Saar zusammenzuführen. Die Blockadeaktionen hatten einen offenen Charakter, der weiteren Antifaschisten Mut machen sollte, sich zukünftig an solchen Protestformen zu beteiligen.

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"Verschiedene Aktionen, gemeinsames Ziel", UZ vom 17. März 2017



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