Zum Niedergang der deutschen Wirtschaft

Vernunft wäre schön

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im letzten Quartal ist die deutsche Wirtschaft geschrumpft, die Arbeitslosigkeit ist gewachsen. Eine Umkehr in der Wirtschaftspolitik ist dringend geboten. Die Art und Weise, wie diese Debatte hierzulande geführt wird, lässt aber befürchten, dass es eine Umkehr wird, die vom Regen in die Traufe führt. Wer die herrschenden Medien verfolgt, könnte den Eindruck gewinnen, SPD und Grüne stünden für ein „Weiter-so“, das es gegen FDP und CDU/CSU zu verteidigen gelte. Letztere stünden für eine Strategie des massiven Sozialabbaus und der „Entfesselung“ von Unternehmen von staatlichen Auflagen und finanziellen Belastungen für Arbeiter und Angestellten. Das ist Sommertheater, das gerade im Streit um den Haushalt zu beobachten ist.

Der Grund für den Niedergang der deutschen Wirtschaft liegt für jeden, der seinen eigenen Kopf benutzt, auf der Hand. Deutschlands Wettbewerbsvorteil lag jahrzehntelang vor allem im Bezug sehr preisgünstiger Energie aus Russland. Indem das Land in den Wirtschaftskrieg gegen seinen Energielieferanten zieht, zerstört es die eigene energieintensive Stahl- und Chemieindustrie. Deutschland füllt seine Kassen – vor allem die der Reichen, aber als Brosamen-Empfänger auch die der Werktätigen – vor allem durch den Verkauf von Autos, Maschinen und hochwertigen technischen Geräten nach China und in andere asiatische Länder. Das Land dreht sich selbst den Geldhahn zu, wenn es den eigenen Unternehmen, die in diesem Markt tätig sein wollen, Knüppel zwischen die Beine wirft. Aber darüber spricht man nicht.

Dieser blinde Fleck in der Erklärung des deutschen Niedergangs wird immer größer. Folglich wird auch der Ausweg aus dem Schrumpfkurs tabuisiert. Der Hamburger Hafen, integriert in das chinesische Seidenstraßen-Projekt, würde florieren und nicht kränkeln. Leverkusen und Schwedt, wieder angeschlossen an russische Gas- und Ölpipelines, würden Arbeitskräfte anwerben anstatt sie zu entlassen. Volkswagen und Daimler, mit staatlicher Unterstützung vernetzt mit den aufstrebenden Märkten Asiens, würden aufblühen und nicht verwelken. Der Weg der Vernunft liegt vor uns – er muss „nur“ politisch gegen die Bornierten mit ihren Scheuklappen durchgesetzt werden.

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"Vernunft wäre schön", UZ vom 9. August 2024



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