Geteiltes Leid ist halbes Leid? Hendrik Falkenberg berichtete aus Göttingen, womit viele in Osnabrück bereits bittere Erfahrungen gemacht haben: Nebenkostenabrechnungen von Wohnungskonzernen wie der LEG, die hohe Nachzahlungen nach sich ziehen.
Falkenberg, Ortsrat im Göttinger Stadteil Grone, berichtete von horrenden Forderungen, die zum Teil mehrere Tausend Euro betragen. Die zugrunde liegenden Nebenkostenabrechnungen seien dabei nicht nachvollziehbar, so Falkenberg. Vor allem die hohen Heizkosten seien für Mieterinnen und Mieter kaum noch zu stemmen. Das bestätigt auch Carsten Wanzelius vom Mieterverein Osnabrück.
Falkenberg und Wanzelius waren von der DKP Osnabrück als Experten und Referenten eingeladen worden, um darüber zu informieren, wie diese hohen Abrechnungen zustande kommen und ob es Möglichkeiten der Gegenwehr gibt. Denn neben den tatsächlich gestiegenen Energiepreisen versuchen Wohnungskonzerne zusätzlich, Geld für ihre Aktionäre aus den Mieterinnen und Mietern herauszuholen. Teilweise stellten Tochterunternehmen dem Mutterkonzern fiktive Rechnungen aus, die dann an die Mieterinnen und Mieter weitergereicht würden.
Die LEG verfolgt dieses Geschäftsmodell und ist sowohl in Göttingen als auch in Osnabrück aktiv. Deutschlandweit vermietet der Wohnungskonzern rund 167.000 Wohnungen. In Göttingen kaufte die LEG vor zwei Jahren knapp 1.200 Wohnungen von der ADLER AG. Diese liegen in Grone, einem Stadtteil, in dem die Mieten noch vergleichsweise niedrig sind. Falkenberg berichtet, dass die Mieterinnen und Mieter bereits mit dem Vorbesitzer der heutigen LEG-Wohnungen schlechte Erfahrungen gemacht hätten. Und schon damals hätten sie sich gewehrt: Ob Mieterhöhungen oder Nachzahlungen bei den Nebenkosten – lokale Initiativen ermutigten immer wieder zur kollektiven Gegenwehr.
Der Höhepunkt sei aber mit den horrenden Nachzahlungen gekommen, die die LEG Ende letzten Jahres kurz vor Weihnachten für das Jahr 2022 verschickt habe. Eine Veranstaltung zur Gründung einer Prüfgemeinschaft im Januar stieß auf große Resonanz. Inzwischen haben sich ihr 600 Mieterinnen und Mieter angeschlossen. Das beutet, dass den hohen Nachzahlungen kollektiv widersprochen wird und diese nicht gezahlt werden, bis die LEG Belege vorweist. Es hat sich nämlich gezeigt, dass Wohnungskonzerne mitunter nicht in der Lage sind, nachvollziehbare Abrechnungen vorzulegen.
Falkenberg berichtete, dass die Mieterinnen und Mieter mit dem Beitritt zur Prüfgemeinschaft diese ermächtigt hätten, in ihrem Namen zu handeln. Diese legte dann Widerspruch zu den Nebenkostenabrechnungen ein. Die LEG reagierte, in dem sie für die Heizkosten Abrechnungen präsentiert habe, die „exorbitant höher liegen als der Preis der Stadtwerke“ in Göttingen, so Falkenberg. Die LEG lege eine Formel zugrunde, die sich an den stark nach oben schwankenden Börsenpreisen orientiere und nicht an marktüblichen Einkaufspreisen.
Die Anwendung einer solchen „Preisgleitklausel“ ist nicht grundsätzlich unzulässig, aber umstritten. Mit Unterstützung des Deutschen Mieterbundes (DMB) wird derzeit versucht, die Anwendung anzufechten. Auch die Göttinger Stadtverwaltung unterstützt dies, weil die öffentliche Hand bei Sozialleistungsempfängern für die Nebenkosten aufkommt.
Die Auseinandersetzung geht also weiter, ein Gutachten zur „Preisgleitklausel“ steht noch aus. Carsten Wanzelius machte deutlich, dass sowohl veraltete Verordnungen als auch neue Vorhaben der Bundesregierungen fatale Auswirkungen für Mieterinnen und Mieter haben können. Denn diese müssten zwar die Kosten tragen, haben aber anders als Eigentümer in der Regel keinen Vertrag mit dem Wärmeversorger. Deshalb können sich Mieterinnen und Mieter so gut wie nicht gegen intransparente Vertragsgestaltungen und überhöhte Preise wehren.
Preisänderungsklauseln, die so genannte Börsenpreisindizes von Energieträgern wie Erdgas verwenden, tragen dazu bei, dass sich die Fälle von vierstelligen Nachzahlungsforderungen bundesweit mehren. Die Rechtslage ließe dabei zu viel Spielraum, den die Wohnungskonzerne eiskalt ausnützen würden, so Wanzelius.
Mieterinnen und Mieter können sich bei überhöhten Abrechnungen nur auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit im Rahmen der jährlichen Betriebskostenabrechnung berufen. Das bedeutet, dass im Streitfall nachgewiesen werden muss, dass Vermietende unwirtschaftliche Kosten abgerechnet haben. Es ist also dringend geboten, kollektive Gegenwehr zu organisieren und sich Unterstützung bei Mietervereinen zu holen. Soweit ist man in Osnabrück noch nicht, das Beispiel aus Göttingen weist aber in die richtige Richtung.