Wie ein Büchermacher sich selbst mit „Büchermachern“ beschenkte

Verleger und Verlage

Von Rüdiger Bernhardt

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Klaus Walther

Die Büchermacher

Von Verlegern und ihren Verlagen

Berlin: Quintus-Verlag, 176 S., 20.- Euro

Klaus Walthers neues Buch „Die Büchermacher“ gehört zu früheren Büchern des Autors über das Büchersammeln, Bücherlesen und Bücherschreiben. Er ist Fachmann, denn sein Leben lang – und das dauerte auf den Tag genau am 25. März 2017 achtzig Jahre, herzlichen Glückwunsch nachträglich! – hat er sich mit Literatur beschäftigt. Er hat andere gelehrt, darunter Autoren wie Christa Wolf und Erik Neutsch, hat Schreibende in Zirkeln schreibender Arbeiter und in einem Bezirkskunstzentrum der DDR angeleitet, hat sich in Buch- und Kulturpolitik engagiert, „Tage der Literatur“ verantwortet, um Bücher an ihre Leser zu bringen und Autoren eine Öffentlichkeit zu verschaffen, und er hat viele Bücher geschrieben, darunter erfolgreiche Biografien über Hermann Hesse, Karl May – Klaus Walther ist Sachse und wohnt lebenslang nicht weit von Mays Geburtsort entfernt –, über Erik Neutsch, als sich wenige noch für ihn interessierten, da er auch nach 1989 von seiner kommunistischen Überzeugung nicht lassen wollte – und Bodo Uhse.

Er hat selbst auch Belletristik geschrieben: Kriminalromane, die nicht das Entsetzen über Verbrechen lustvoll ausstellen, sondern auf freundlich-nachdrückliche Weise nach den sozialen Ursachen fragten. Seine Kriminalisten gehen mit Literatur von Schiller bis Zola, von Gerhart Hauptmann und Thomas Mann bis zu Arno Schmidt um, zitieren sogar Immanuel Kants Auslassung über das moralische Gesetz im Menschen. Nun also spricht er über Büchermacher und meint Verleger. Sein Begriff des Büchermachers setzt sich nicht nur von dem mehrdeutigen Begriff des Verlegers ab, der früher in der Heimindustrie ein Instrument der Ausbeutung war, sondern akzentuiert den „Macher“. Der aber ist, wie Walther als Prinzip seiner Auswahl mitteilt, „ein Stück unvergänglicher Kulturgeschichte“.

Begrenzung war angesagt. Spricht man von berühmten Verlegern, fallen für die deutsche Klassik Göschen und Cotta ein, in der Zeit des Sozialistengesetzes 1878–1890 war der Schweizer Verlag Schabelitz von Bedeutung, der die deutschen Exilautoren aufnahm, usw. Klaus Walthers betrachtet das Wirken von Verlegern des 20. Jahrhunderts, weil sich für ihn die Entwicklung der Gesellschaft im 20. Jahrhundert deutlicher als zuvor in Verlagsentwicklungen spiegelt.

Das Buch, das eine Auswahl von Verlegern in unterhaltsam-feuilletonistischer Weise darstellt, beginnt mit Samuel Fischer. Das erklärt sich mit dessen Bedeutung für die aus der naturalistischen Bewegung kommenden Autoren, von Hermann Bahr bis Gerhart Hauptmann, von Max Kretzer bis zu Thomas Mann, der sich selbst noch zu den Naturalisten zählte. Naturalismus, der in seinen Anfängen bis zu den Anfängen des Sozialistengesetzes 1878 reichte, war nicht nur eine Bewegung, sondern ein Programm, das den Vernachlässigten der Gesellschaft einen Platz in der Literatur einräumte. Klaus Walther verzettelt sich nicht in Datenfülle und Namensnennungen, sondern macht mit ausgewählten Anekdoten die Verlage und ihre Verleger lebendig, im Falle Fischers mit der Verlagsgeschichte von Thomas Manns Buddenbrooks und den Ausgestaltungswünschen Richard Dehmels für seine Bücher, einer der heitersten, wenn auch ursprünglich ganz ernst gemeinten Beiträge des Buches. Neben Fischer steht Eugen Diederichs, der seinen in Florenz gegründeten Verlag mit einer Geschichte der Revolution von 1848 bekannt machte, geschrieben von Hans Blum, dem Sohn des hingerichteten Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung Robert Blum. Albert Langen griff mit seiner gesellschaftskritischen Zeitschrift Simplicissimus das Kaiserreich an und musste deshalb nach Paris fliehen.

Es können nicht alle genannt werden, denen Aufmerksamkeit geschenkt wird; das liest jeder am besten selbst: Rowohlt ist dabei mit seinen Autoren Johannes R. Becher und Hans Fallada; der Verleger wurde aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen, als er eine jüdische Angestellte nicht entließ. 1950 begann er mit den rororo-Bänden „die erste Taschenbuchreihe auf dem deutschen Buchmarkt“. Piper, Suhrkamp, Unseld, andererseits der Aufbau-Verlag, für den Johannes R. Becher eine Lizenz der Sowjetischen Militäradministration bekommen hatte. Zu ergänzen wäre, dass die Gesamtplanung von Verlagen und Veröffentlichungen in der sowjetischen Besatzungszone bereits während der letzten Kriegszeit in den Reihen der sowjetischen Kulturoffiziere – Dymschitz, Tulpanow, Fradkin, Weiss wären u. a. zu nennen – begonnen hatte. Die von Walter Victor begründete Reihe der Lesebücher für unsere Zeit wird genannt – von Goethe, Schiller, Heine, Büchner bis zu Brecht und Bredel, von Puschkin, Tolstoi bis Gorki, von Shakespeare bis zu Swift, von Petöfi bis Mickiewicz und viele andere; sie war mit ihrer Ausstattung (Ganzleinen, Abbildungen, ca. 500 S.) und ihrem Preis (6,50 M) eine Sternstunde verlegerischer Politik, wie ich meine. Ich habe sie von Beginn an gesammelt. Dass Klaus Walther die Literatur der DDR ausführlich betrachtet, geht auch auf seine Verbundenheit mit ihr zurück: Er war Lektor und freischaffender Autor, er beriet Christa Wolf ebenso wie andere Autoren des Mitteldeutschen Verlages und des Greifenverlages, die sich ebenso in dem Band finden wie Hans Marquardt und der Leipziger Reclam-Verlag, Elmar Faber mit dem Verlag Faber & Faber und der Hinstorff-Verlag und viele andere. Besonders interessant am Schluss: Klaus Walther beschreibt auch seine Erfahrungen als Verleger in seinen „kleinen Verlagen“.

Das Buch wird zu einer unterhaltsamen Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Zahlreiche Illustrationen und ein umfangreiches Register sowie eine Bibliografie zu ausgewählten Verlegern und Verlagen verlocken zu weiterer Lektüre und vergrößern die Lesefreude.

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"Verleger und Verlage", UZ vom 7. April 2017



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