Ende Juni empfängt die „taz Panther Stiftung“ zum dritten Mal eine Gruppe kubanischer Blogger und Journalisten zu einem Workshop in Berlin. Zu den Zielen des einige zehntausend Euro teuren Seminars gehört nach Angaben der Veranstalter die Vorstellung von „Projekten und Institutionen des alternativen Lebens“.
Angesichts des G20-Gipfels in Hamburg, der die Steuerzahler mindestens 130 Mio. Euro kosten soll, drängen sich spannende Themen für die Besucher geradezu auf. So könnten die jungen Kolleginnen und Kollegen aus Kuba in Hamburg beobachten, wie die heiligen Kühe westlicher Länder, darunter Presse-, Meinungs-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, geschlachtet werden, wenn es um die Durchsetzung der Staatsräson geht. Der Ausnahmezustand einer ganzen Stadt, eine militärisch hochgerüstete Polizei, Sondergerichte und die vorsorgliche Einrichtung von Massengefängnissen für Oppositionelle wären für kubanische Journalisten eine interessante Erfahrung. Auch die Vertreibung von Obdachlosen und die Armut in der reichsten Stadt der EU, die Abschiebungen geflüchteter Menschen in Kriegsgebiete und der tägliche Rassismus könnten reizvolle Themen für sie sein und die Workshop-Teilnehmer könnten sich ein eigenes Bild vom Zustand der Menschenrechte in Deutschland und Europa machen.
Doch da der bundesdeutsche Staat ihren Workshop finanziert, verfolgt er damit natürlich eigene Ziele, die mit den von der „taz“ genannten nichts zu tun haben. Die Bundesregierung bekannte in einer Unterrichtung an den Bundestag im März (Drucksache 18/11550), worum es bei dem „Informationsseminar“ für die Kubaner wirklich geht. „Durch Besucherprogramme, Mediendialoge und Projektarbeit eröffnen wir vorpolitische Freiräume und nutzen Möglichkeiten der zivilgesellschaftlichen Öffnung …, um gesellschaftliche Veränderungsprozesse zu begleiten“, heißt es dort zunächst noch etwas allgemein (S.14). Einige Absätze weiter wird die Regierung konkret: „Durch Intensivierung der kulturellen Beziehungen leistet das Auswärtige Amt einen Beitrag zur progressiven Öffnung Kubas. … Ein von der taz-Panther-Stiftung organisierter und vom Auswärtigen Amt finanzierter Medienworkshop leistete einen Beitrag zur Öffnung des strikt reglementierten Informationssektors“ (ebd.).
Damit ist klargestellt, was die „taz“ ihren Lesern – und vermutlich auch den Teilnehmern ihres Workshops – verschweigt. Ziel dieser Veranstaltung ist kein offener und „intensiver Erfahrungsaustausch“ über Arbeits- und Produktionsbedingungen und schon gar nicht über „Projekte und Institutionen des alternativen Lebens und Wirtschaftens“, wie der Veranstalter vorgibt, sondern „einen Beitrag zur Öffnung des … Informationssektors“ in Kuba zu leisten. Die Methoden des SPD-geführten Auswärtigen Amtes sind dabei nicht einmal neu. Die Sozialdemokraten Willy Brandt und Egon Bahr entwickelten das Konzept bereits in den 1960er Jahren unter dem Begriff „Wandel durch Annäherung“. Als Ergebnis sollten sich dadurch jedoch nur die sozialistischen Länder Osteuropas verändern. Spätestens seit ihrem publizistischen Einsatz für den Nato-Krieg gegen Jugoslawien gilt die „taz“ als verlässlicher Partner für derartige Regime-Change-Vorhaben, wie auch die Werbeanzeigen des Bundesverteidigungsministeriums in dem einst alternativen Blatt belegen.
Der „taz-Panther-Workshop“ ist jedoch nicht der einzige Fall bundesdeutscher Einflussnahme auf Kubas Medienszene. Über den aus Steuermitteln finanzierten staatlichen BRD-Auslandssender „Deutsche Welle“ (DW) unterstützt die Bundesregierung auch ganz offen einige Systemgegner auf der Insel. Mitte Januar unterrichtete die DW den Deutschen Bundestag (Drucksache 18/10856) darüber, dass sie der Bloggerin Yoani Sánchez mit der TV-Talksendung „La voz de tus derechos“ („Die Stimme deiner Rechte“) in diesem Jahr einen festen Sendeplatz einräumt. Mit der Sendung, heißt es in der Unterrichtung, setze die DW ihr Markenthema „Freiheit“ um. Sánchez solle „Menschenrechtsverstöße in Lateinamerika thematisieren“. Damit macht der Staatsfunk den Bock zum Gärtner. Bei einem Brasilien-Besuch traf die Vorzeige-Dissidentin 2013 zum Beispiel nicht nur den rechtsextremen brasilianischen Politiker Jair Bolsonaro, einen Befürworter des früheren Militärregimes und dessen Foltermethoden, sondern lobte zudem die von wenigen privaten Konzernen dominierte Medienlandschaft als „Vorbild für Kuba“, obwohl Brasilien weltweit zu den Ländern mit der höchsten Mordrate an Journalisten gehört. Die trotz derartiger Kontakte für die DW als Menschenrechtsexpertin offenbar ausreichend qualifizierte Antikommunistin begründete ihre Aussage damit, dass sie „staatliche Medien“ wegen deren Regierungsnähe grundsätzlich ablehne. Das gilt offenkundig aber nur für Kuba. Beim Staatsfunk DW, dessen Nähe zur Bundesregierung sich aus Programmauftrag und Haushaltstitel ergeben, hat Sánchez keine Bedenken, sich von der Regierung eines Nato-Landes gut bezahlen zu lassen. Das Geld auch dafür müssen die Steuerzahler aufbringen. Nach Angaben der DW erhält der Staatssender 2017 einen Bundeszuschuss in Höhe von 325,6 Mio. Euro.